JWD - 300 km Rund um Berlin
13.7.- 19.7.2008

Do 17.7. Buckow - Köpenick

Wegen der Sonne werden noch einige Fotos angefertigt, Schlosspark, ein Mühlrad, die Kirche. Dann geht es auf den Weg zum Roten Luch, wo ein Bach namens Stobber die Gegend ent- oder bewässert. Nur beginnt der Weg dort gleich zu Anfang dermaßen sandig, dass wir uns keiner weiteren Tortur unterziehen möchten.

Dann bleibt man doch lieber auf dem R1 von gestern und dafür ein paar Kilometer auf der gleichen Route zurück bis Garzau und Rehfelde. In Garzau gibt es was zu sehen, und das ist eine Feldsteinpyramide. Ulrike und Rainer begeben sich auch auf einem Feldweg dorthin, wir anderen zwei stromern auf einer Wiese herum und bewundern alte Ackergeräte. Hier gibt es auch ein Schloss, an dem und den umgebenden Gebäuden arbeitet man noch.

Von Rehfelde geht es mit etwas Gegenwind nach Süden. In Zinndorf müssen wir aprupt stoppen, weil zwei Störche auf dem Dach des Kirchturms sich gerade ihrer Toilette widmen - wie auch immer.

Es geht weiter nach Süden bis nach Kagel, wo wieder eine Rast fällig ist. Die nahe Kirche sieht nicht so interessant aus, es ist aber zu lesen, dass sie im "Schinkelschen Rundbogenstil" errichtet sei. Damit ist auch dem Namen Schinkel einmal Genüge getan. Die weiterführende Straße ist offiziell gesperrt, aber "Zufahrt bis zur Brücke frei". Das wird also wieder einmal spannend. Nun hat man hier ein Einsehen mit den nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern gehabt und eine provisorische Rampe bereitgestellt an Stelle der sich noch im Bau befindlichen Betonbrücke.

Kurz darauf scheiden sich die Geister, weil Rainer eine Strecke ausgeguckt hat, die auf der Karte nicht so vertrauenerweckend aussieht. Also werden die Handies eingeschaltet und ein Treffpunkt vereinbart, weil wir anderen lieber dem R1 folgen. So geraten wir auf bequeme Weise zu dem Ort Alt Buchhorst, wo Rainer wenig später nach einer Route über Neu Finkenstein auch eintrifft. Nun fahren wir wieder gemeinsam am Peetzsee entlang und genießen den einen oder anderen Aussichtspunkt.

Schließlich gelangen wir nach Erkner. Weil wir uns nun schon an den komfortablen und gut ausgeschilderten Radweg R1 gewöhnt haben, schlägt Rainer vor, einen Abstecher über eine kleine Brücke weiter nördlich zu machen. "Gerne" folgen wir ihm auf hoppeligen Straßen, bis wir tatsächlich vor der Brücke stehen. Das ist nun leider im eigentlichen Sinne keine Brücke mehr, weil man wohl die morschen Planken entfernen musste. Deswegen ist sie wohl auch gesperrt. Ein Individuum kommt des Weges und erklärt, dass die Brücke bereits seit zwei Jahren außer Betrieb sei, "man habe ja keen Geld für sowat". Immerhin finden wir eine neu errichtete Brücke zurück in die Zivilisation, nur muss man die Räder samt Gepäck eine steile Treppe hinauf hieven. Doch bald danach haben wir den R1 wieder bzw. er uns.

Leider geht es eine Weile auf der belebten Állee Berliner Str. dahin, bis man endlich links nach Hessenwinkel abbiegen kann. Unweit aber unsichtbar verbirgt sich der Dämeritzsee. Doch eine Brücke über die Müggelspree wird erreicht, dort sieht es wirklich ein wenig so aus wie im Spreewald. Die Teichmummeln blühen und ein Kanu gleitet unter uns durch. Dann geht es eine ganze Weile durch den Wald auf vorbildlich asphaltierter Strecke. Aber ehe man den Kleinen Müggelsee ganz verpasst, folgen wir einem Hinweis auf das Hotel Restaurant Neu Helgoland, der uns an das Ufer dieses Sees führt.

Aber nun bekommen wir endlich unsere Schwarzwälderkirschtorte. Wie es zu dem Namen Neu Helgoland gekommen ist, lässt sich nicht ermitteln, sonst heißen Restaurants in dieser Lage meistens Seeblick, Strandperle oder ähnlich phantasiereich.

Auch den Großen Müggelsee entdecken wir erst auf halber Höhe und genießen die Aussicht von einem Bootssteg aus. Es ist nun nicht mehr weit nach Köpenick. Als wir das Hotel Alter Markt erreichen, haben wir für heute über 60 km hinter uns und damit die längste Etappe. Für das Abendessen begeben wir uns in das Restaurant Luise, wo man eine schönen Blick auf die Dahme und das gegenüberliegende Ufer hat. Mit dem Essen sind wir nur teilweise zufrieden, mit dem Dunkelbier Staropramen schon eher. Es folgt eine Exkursion zur Schlossinsel, wo es auch allerhand historisches zu erkunden gilt, z.B. die Kunde über eine Riesenagave, die hier im Jahre 1712 zum Blühen gekommen ist und der man als "Wunderaloe" eine Schautafel gewidmet hat.

Für den Rest des Abends haben wir wohl die urigste Kneipe der Szene erwischt, die heißt Zur Gardestube in der Rosenstraße gleich neben dem Rathaus, wo der Hauptmann von Köpenick sein Heldenstück aufgeführt hat. In diesem Sinne ist das Lokal gestaltet, eine Unzahl von Bilddokumenten aus alter Zeit sind zusammen getragen worden, eine lebensgroße Figur eines Gardesoldaten ziert den Raum usw. Der Herr Wirt erzählt uns so manches über die Entstehung, Einrichtung und heutigen Werdegang seines Restaurants. Wer mehr wissen will, sollte sich selbst zu einem Besuch dort entschließen. Das kleinste Museum von Köpenick wird es auch genannt.

Zum Hauptmann von Köpenick alias Wilhelm Voigt gibt es nun noch eine Geschichte in eigener Sache. In Heidis Familie wird heute noch erzählt, dass ein gewisser Urgroßvater Bürgermeister in dem Ort Wronke gewesen sei und den Hauptmann von Köpenick verhaftet habe. Das stimmt, wie man es der Biografie des Wilhelm Voigt entnehmen kann. Nur fällt diese Verhaftung in eine frühere Zeit zurück, als jener sich auf Wanderschaft befand. Da ist er einmal frühmorgens auf eine Hochzeitsgesellschaft gestoßen, die in der freien Natur vor dem Ort Wronke eine Nacht durchgefeiert hatte. Die Musikanten hatten gerade ihr Musizieren beendet und die Musikinstrumente an einem Zaun abgestellt. Unser Held der Geschichte und womöglich noch einige Kumpane, die haben sich sodann die Musikinstrumente gegriffen und sind fröhlich musizierend in das Dorf einmarschiert. Vielleicht hat es nicht ganz so gut geklungen, denn die armen Burschen wurden sogleich des Diebstahls bezichtigt, verhaftet und verurteilt. Nun hatte jener Wilhelm Voigt noch ganz andere Dinger gedreht - wie man lesen kann. Aber der Bürgermeister von Wronke - der hat auch seine Rolle gespielt. Zu dessen Pensionierung existiert in unserer Familie noch eine Verdiensturkunde, unterzeichnet im Jahre 1908 von Kaiser Wilhelm II.

Fr 18.7. Köpenick - Potsdam

Mit den Wegen nach Potsdam verhält es sich wie mit den Wegen nach Rom, viele führen dort hin. Zunächst statten wir noch der Touristeninformation in Köpenick einen Besuch ab, wo wir endlich eine Karte über "Grüne Wege" in und um Berlin erstehen können. Diese werden wir heute gut brauchen können. Auch der Mauerradweg ist bereits per Bikeline dokumentiert.

Wir fahren zunächst auf der östlichen Seite der Dahme in Richtung Süden, um eine spezielle Fähre zu erreichen. Diese bringt uns über die Dahme nach Grünau. Aha, dort ist Rainers Bruder aufgewachsen, deshalb also. Ein Elternhaus oder sowas müssen wir aber nicht noch suchen.

Doch dieser Ort ist für die Weiterfahrt ganz gut geeignet, weil man schnell den Teltowkanal erreicht, an dem man nun schön entlang radeln kann. Bald versperrt jedoch eine Baustelle den Weg und man muss über einen Schlenker diese Geschichte umfahren. Man baut hier an einer Autobahn, dadurch ist der Mauerradweg, der sich an dieser Stelle auch anbieten würde, nur schwer zu erreichen. Nach der Karte fahren wir parallel zum Teltowkanal auf der Kanal Str. durch Industriegelände.

Schließlich ist das überstanden und es geht wieder schön am Kanal dahin. Leider auch nur bis Tempelhof, da ist eine Umgehung über die Ordensmeister Str. angesagt. Dann geht es ohne Unterbrechung in grüner Umgebung immer am Kanal weiter. Am Schloss Lichterfelde legen wir eine schöne Rast ein. Bald danach stößt man wieder auf den Mauerradweg, der auch eine Weile durch amphibisches Gelände dem Kanal folgt und dann nach Norden abbiegt. Also machen wir das auch. Mit Erfolg, denn an der Neuruppiner Str. befindet sich ein nettes Imbissrestaurant, das kommt uns gerade recht.

Wenig später erreicht man einen schnurgeraden Weg durch den Wald in Richtung Babelsberg. Das mögen 5 km ohne jede Wegbiegung sein. Einmal überqueren wir die Autobahn, genau dort befand sich zu DDR-Zeiten der Kontrollpunkt Dreilinden. Den braucht man nun nicht mehr, stattdessen gibt es Dokumentations- und Gedenktafeln, damit man das alles nicht vergisst. Ab Kohlhasenbrück hat man Babelsberg und den Griebnitzsee erreicht. An diesem führt ein wunderschöner Weg entlang, aber damit hat es so seine Bewandnis. Etliche der Nobelgrundstücke reichen nämlich bis an das Seeufer hinab und man wird durch Schilder darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um Privatgelände handele. Einer Schautafel ist auch zu entnehmen, dass noch einige erbitterte Rechtsstreitigkeiten im Gange sind.

Hier ligen auch die Truman Villa, an der wir auch vorbei fahren, sowie die Stalin- und Churchill Villa. die haben wir wohl übersehen. Hier waren jene Herren einquartiert, als sie im August 1945 im Schloss Cäcilienhof das Potsdamer Abkommen aushandelten. Wir hatten auch mit dem Gedanken gespielt, das letzte Quartier im Schloss Cäcilienhof zu nehmen, aber da gibt es unter 160 € kein Zimmer, also auch keine Potsdamer Konferenz in eigener Sache.

Wir haben mittlerweile das Ende des Griebnitzsees erreicht und fahren über eine Brücke zur Waldmüllerstraße. In einem Gehege sind seltsame Tiere zu sehen, die sehen aus wie Steiff-Tiere, es handelt sich aber wohl um Alpakas, einer Lama-Art. Es stehen einige russisch anmutende Holzhäuser herum.

Nun ergibt sich die Gelegenheit, sich wieder einmal auf Agentenspuren zu bewegen, indem man die sagenumwobene Glienicker Brücke überquert. Für uns gilt dagegen, dass wir hiermit den Kreis um Berlin geschlossen haben, denn gegenüber befindet sich der Ort Sacrow, wo wir ein paar Tage zuvor unseren Spaß mit den Leuten von "Wege zum Glück" hatten. Auch für eine Radtour wäre so ein Titel nicht schlecht: Wege zum Glück!

Aber wir sind in dem verkehrsreichen Potsdam angelangt, wo es die fast schnurgerade Berliner Straße in Richtung Zentrum entlang geht. Nach einigem Hin und Her finden wir die Touristen Information in der Nähe des Brandenburger Tors, nicht zu verwechseln mit dem berühmten anderen in Berlin Mitte und Unter den Linden und so. Dafür haben die dort in Berlin Mitte einen Potsdamer Platz zum Ausgleich und der ist wohl inzwischen wohlgeraten - als Kommerzzentrum.

Heute ist Freitag und das Wochenende beginnt. Also sind die Quartiere nicht gerade zum Aussuchen. Wir werden in Richtung Potsdam West eingewiesen, wo sich ein  art'otel potsdam, Zeppelinstraße 136 befindet. Das ist nicht ganz so preiswert, aber wir spendieren uns damit ja auch unsere letzte Übernachtung. Immerhin gibt es eine schöne Route entlang der Neustädter Havelbucht dorthin. Vorbei an einem Gebäude, das aussieht wie eine Moschee, sich aber als Dampfmaschinenhaus ausweist, biegen wir ab ins Grüne und fahren im Zickzack Auf dem Kiewitt herum - so heißt das hier. Ein Wunder, dass das "Otel" zu finden ist, und zwar in einem Gelände um den Persiusspeicher herum, schön gelegen mit Havelblick. Was es mit dem Speicher auf sich hat ist uns, ahnungslos wie man ist ein Rätsel. Aber, wie nachzulesen ist, handelt es sich um das letzte Filetstück der Potsdamer Speicherstadt.

Dagegen ist das art'otel ultramodern und verheißt laut Stadtprospekt hochkarätige Kunst oder anspruchsvolles Design. Das begeistert uns nun nicht so sehr, weil keine Unterstellmöglichkeit für die Fahrräder besteht. Die müssen dann heute Nacht im Regen stehen, wie man sehen wird. Die Zimmer sind natürlich picobello, was einem nicht viel nutzt, wenn man Hunger hat. Das Hotelrestaurant Aqua ist für uns eine Kategorie zu teuer. Gleich gegenüber an der Zeppelinstraße ist aber das Steak-Restaurant Canavaro, das mit mediteranischen Spezialitäten lockt. Da sind Rumpsteak, Grillteller oder meine ersehnte Pizza Frutti Mare, für 6 € übrigens, eine Delikatesse.

Dermaßen gestärkt wandern wir nun sogar noch zurück zum Brandenburger Tor und Luisenplatz und finden auch dort ein schönes Restaurant, das heißt Restorante Contadino und bietet u.a. kubanische Küche. Für uns reichen für heute ein paar Bierchen. Wir vergucken uns fast schon in eine kleine grazile vermeintliche Kubanerin, doch es stellt sich heraus, dass sie aus Togo stammt, perfekt deutsch spricht und sich auf ein Studium vorbereitet. Zum Abschluss dieses Besuchs werden wir noch mit einem Feuerwerk überrascht, dass irgendwo am Horizont kunstvoll abgefackelt wird. Das sei ein jährlich stattfindender  Wettbewerb erfahrener Feuerwerker, wird uns von einer Dame mitgeteilt. Sie sei absoluter Potsdam-Fan, verrät sie.

Wir aber müssen uns auf den Rückweg machen, und erreichen gerade noch vor einem sintflutartigen Regen die Oase Palazzo Di Persius, wo es ein Abschlussbier gibt und wir anschließend nur über ein paar Meter zum Hotel hinüber huschen können. Und unsere armen Fahrräder stehen derweil ungeschützt im Regen.

Sa 10.7. Heimfahrt

Gerne hätte man die Fahrt noch weiter fortgesetzt oder sich in Potsdam näher umgeschaut. Nun, vieles kennt man schon von früher, wie z.B. den Park von Sanssouci. Interessant ist für heute der Potsdamer Hbf., wo wir als erstes wieder ein preisgünstiges Wochenendticket für die Rückfahrt zu erwerben gedenken. Nun dürfen wir ein letztes Mal eine Fähre in Anspruch nehmen, die uns hinüber nach Hermannswerder bringt. Dann sind wir bald am Bahnhof und erledigen die Formalitäten. Auf dem Programm steht noch ein Besuch des Babelsberger Filmmuseums. Aber das vereitelt eine heraufziehende Regenfront, die wir auf Rainers Allzweckcomputer auch genau erkennen können, ein Blick zum Himmel ergibt das gleiche Ergebnis. An der Humboldt Brücke beschließen wir, reumütig zum Bahnhof zurückzukehren und damit ist diese Umrundung der Stadt Berlin beendet. Über die Rückfahrt muss nicht detailliert berichtet werden.

Zu Hause angekommen, holen wir am nächsten Tag unseren Hund Otto wieder aus seiner Pension bzw. dem Zwinger im Keller ab. Da er dort bei schmaler Kost gehalten wird, ist er zwar wie immer wieder einmal rank und schlank geworden. Nun scheint er so ausgehungert zu sein, dass er - wieder zu Hause - in einem verschwiegenen Moment Teile einer Sandale weg geknabbert hat, mit der die Tour absolviert wurde. Das gleiche Schicksal erleiden ein paar Socken, auf denen stand: 100 Mildes away from Home. Vielleicht war das auch nur Rache! Unsere Enkelin Pauline hat nun auch noch den rechten Spruch für uns: "Wart ihr im Urlaub auch im Käfig?".

Nein, waren wir nicht, falls jemand das alles bislang geschilderte gelesen haben sollte! Aber ganz unrecht hat sie nicht, war nicht Berlin - ob Ost oder West nicht auch einmal ein Käfig - wenn auch ein großer?


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