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Warum in die Ferne schweifen...
2 Extrem-Radtouren

Album

Erstmal muß erklärt werden, was hier unter "extrem" verstanden werden soll. Also auf keinen Fall eine Unternehmung, die sich an den Grenzen der körperlichen Leistungsfähigkeit bewegt. Es soll vielmehr die Rede sein von zwei verschiedenen extremen äußeren Bedingungen, die das Radfahren - um das geht es uns ja immer - zum einen zu einem extrem fragwürdigen, zum anderen zu einem extrem genußvollen Vergnügen machen.

Ein Vertreter des Braunschweig Forum, Abtlg. Fahrrad, (Hans Fechtel) hat mal vor Jahren darüber einen Vortrag gehalten, wie die äußeren positiven oder negativen Einflüsse Auswirkungen auf die Entscheidung für oder wider das Radfahren haben.

Beispiel: Ein Gewohnheitsautofahrer läßt sich vom wunderschönen Wetter am Morgen ausnahmsweise zu einer Fahrradfahrt zur Arbeitsstelle herab und gerät am Abend bei der Rückfahrt in ein Gewitter. Der macht das dann nie wieder.

Oder man macht mit Kindern eine mehrtägige Radtour und der Wind weht immer von vorn, kalt und regnerisch ist es womöglich auch noch und die Etappen sind zu lang. "Einmal und nie wieder" ist dann die verständliche Reaktion.

Der hartgesottene Radfahrer steckt sowas natürlich weg, der hat schon so manche mißliche Situation überstanden. Wichtig aber wird das Abwägen der Lage bei einer Unternehmung zusammen mit anderen, insbesondere mit Kindern, FreundInnen oder gar Ehepartnern.

Mit einem dafür typischen Erlebnis kann ich aufwarten, zudem ist es paradox, daß sich das Ganze in unmittelbarer Nähe des Wohnorts abspielt.

Es beginnt damit, daß Heidi und ich für ein Wochenende unsere Tochter Verena besuchen wollen, die in Hildesheim eine kleine Wohnung hat, wo wir auch übernachten können. Von zu Hause bis Hildesheim sind es mal gerade knappe 40 km, nach ein paar warmen Frühsommertagen freuen wir uns auf die Radfahrt.

Am Sonnabend gegen 16 Uhr fahren wir los, mit kurzen Hosen, T-Shirt und sommerlichem Outfit. Mir fällt schon bald in Richtung Westen - also der Fahrtrichtung - eine sonderbare bleigraue Einfärbung des Horizontes auf. Da sagt man lieber nichts dazu. Nicht zu verheimlichen ist allerdings der stramme Gegenwind. Aber da muß man durch, dann können wir ja morgen auf der Rückfahrt wie von der Sehne geschnellt...

Nach gut einer Stunde haben wir Lengede mit seinem Seilbahnberg erreicht. Der Seilbahnberg ist eine Abraumhalde des ehemaligen Erz-Tagebaus. Weiterhin ist Lengede durch ein Bergwerksunglück in den 50er oder 60er Jahren (1963) berühmt, als man eine Reihe Verschütteter von außen durch eine Spezialbohrung retten konnte (Dahlbusch Bombe, Das Wunder von Lengede). Inzwischen sind alle Bergwerksanlagen der Region aufgegeben, weil das reichhaltigere Erz aus Übersee oder Schweden wirtschaftlicher zu verarbeiten ist.

Wir stellen nun fest, daß die anfangs noch sommerliche Witterung sich merklich abgekühlt hat. Zudem beginnt ein leichter Sprühregen. Wir wechseln auf lange Hosen und fahren etwas skeptisch weiter. Der Nieselregen wird stärker und in Woltwiesche stellen wir uns kurz unter den Linden vor einem Lokal unter. Meine mehr optimistische Weltsicht entdeckt immer einen hellen Streifen im Westen, aber das ist wohl eine optische oder psychologische Täuschug.

Der Regen wird stärker, wir beratschlagen, was weiter zu machen sei. Am besten, weiterfahren, was weg ist, ist weg. Bis Söhlde geht das noch gut, da aber sind wir inzwischen so naß, daß es uns in eine Bushaltestelle verschlägt. Vielleicht kann man mit dem Bus nach Hildesheim weiterfahren? Einer ist vor 10 Minuten abgefahren, der nächste muß in 20 Minuten kommen. Da kann man ja drauf warten.

Erst ein genauer Blick auf den Fahrplan offenbart: der Bus, der schon weg ist, fährt Sonnabends, aber der, auf den wir warten, fährt an den anderen Wochentagen. Heute ist Sonnabend! Es regnet stärker. Wir sind jetzt 1 1/2 Stunden von zu Hause weg, einigermaßen hilflos und durchnäßt, weil wir unser Regenzeug nicht rechtzeitig angelegt haben.

Ich stehe aus eingangs genannten Gründen unter Handlungszwang, denn wir wollen in diesem Sommer schließlich noch weitere Radtouren machen. Mir fällt nur noch der Weltbahnhof Hoheneggelsen ein, der sich unmittelbar neben der Sondermülldeponie befindet. Bis dorthin sind es noch so an die vier Kilometer, da muß man durch. Statt auf dem Radweg müssen wir auf der Fahrbahn fahren, weil uns zwei Reiter hoch zu Roß auf dem Radweg entgegenkommen. Dafür hupen uns die Autofahrer aus ihrem trockenen Gehäuse gehörig an.

Endlich haben wir den Weltbahnhof erreicht, der liegt hinter Pappeln und abseits der Straße. Aber man kann sich im Schalterraum aufwärmen und trockenlegen. Und ein Zug fährt auch in einer halben Stunde, da hat man Zeit, die Formalitäten zu erledigen. Hildesheim ist genau eine Station weiter. Da braucht man eine Fahrkarte (auf Bahncard), eine Fahrradfahrkarte und Fahrradanhänger für den Bestimmungsort. Die Fahrradkarten kosten etwa das doppelte wie unsere Personenfahrkarten.

15 Minuten vor der Zeit läuft ein Zug ein. Ich frage den Schaffner auf dem Bahnsteig: "Fährt der auch nach Hildesheim?" in der Annahme, der Fahrplan habe uns mal wieder ein Schnippchen geschlagen. "Und wohin mit den Rädern?" fragen wir. "Ganz hinten!" - und das ist wie immer am anderen Ende. Wir gallopieren los, man will ja nicht den ganzen Laden aufhalten. Da ruft der Schaffner uns nach "Sie kommen schon mit, wir halten hier 15 Minuten!".

Endlich geht uns das berühmte Licht auf, der Zug muß hier einen Gegenzug - sogar einen ICE, welche Ehre - abwarten. Und wir haben wieder unsere Vorstellung gegeben, wie wir das gerne bei Bahnfahrten zu tun pflegen.

Nach 10 Minuten Bahnfahrt sind wir dann in Hildesheim, noch zu früh, denn unsere Tochter kommt erst gegen 19.30 von ihrer Arbeit zurück. Da drücken wir uns dann eine Weile auf dem Bahnhof herum, ich suche weiter nach einem hellen Streifen im Westen. Schließlich müssen wir dann doch durch den Regen zum Sachsenring schieben, aber das ist fast um die Ecke.

Zuguterletzt stehen wir beiden Eltern dann wie ein Häufchen Elend mit unseren Umhängen im Regen vor der Haustür. Als unser Töchterlein endlich um die Ecke biegt - wir erkennen sie von weitem an ihrem Gang - da hört der Regen auf und sie macht große Augen. Daß wir da mit den Rädern vor der Haustür stehen, blaugefroren und durchnäßt, na sowas aber auch.

Für den Rest des Abends fehlt uns jede Energie, wir holen uns eine Flasche Wein und ein paar Pizzas um die Ecke - die Abendsonne scheint inzwischen freundlich. Wir aber glotzen verständnislos in den gleichnamigen Apparat, wo es um den deutschen Schlager geht und Heino es mit "dicke Dinger" hat. Ist man zu doof, wenn man da nicht mehr folgen kann?

In der Nacht beginnt es draußen wieder vernehmlich zu rauschen und der Morgen ist grau verhangen mit feinem Nieselregen. Was kann man da schon unternehmen? Es bietet sich nur das Museum an, wo z.Zt. eine Insektenausstellung im Gange ist. Nachdem wir etwa 30 DM Eintritt gelöhnt haben, schreiten wir staunend an Schaukästen mit Käfern, Fliegen, Schmetterlingen, Maden und Würmern usw. entlang. Ein paar Tiere hat man in Sauriergröße nachgebildet, die bewegen dann knarrend ihre Glieder und zumindest die Kinder unter den Besuchern erstarren in Ehrfurcht.

In einem Treibhaus flattern lebende Schmetterlinge, bunt und farbenfroh, wie man sie noch nie gesehen hat. Wie im Urwald! Den gibt es sicher irgendwann auch nur noch in Treibhäusern. Man kann dann noch durch die ägyptische oder die babylonische Abteilung gehen, die mit Insekten weniger zu tun haben. Wegen des Regens draußen beißen wir in den sauren Apfel und schauen uns mit fehlendem Hintergrundwissen die altertümlichen Merkwürdigkeiten an. Eine Gruppe genießt eine Führung. Der Inhalt des Vortrags scheint eher was für jemand zu sein, der sich Tag und Nacht mit Pharaonen, Mumien und Hiroglyphen beschäftigt.

Bald stehen wir wieder im Eingang des Museums unter einer Bauzaunüberdachung. Es ist interessant, wie die Besucher von und zu den in der Nähe geparkten Autos durch den Regen hasten. Ein ganz gewitzter holt das Auto und läd den Rest der Familie direkt an unserem Bauzaun ein. Ich schaue mir derweil den hellen aber wohl imaginären Streifen am Horizont an.

Dann hasten wir auch vorbei an Hildesheims Sehenswürdigkeiten wie Dom und Knochenhauer Amtshaus. Interessant ist eher ein verzottelter Radfahrer, von oben bis unten mit notdürftig verzurrtem Gepäck beladen, der ziellos durch den Regen schiebt. Seinem ganzen Habitus nach ist das wohl ein Berufstourenfahrer, um es vorsichtig auszudrücken. Aus einer Bäckerei kommt er unverrichteter Dinge wieder raus, vielleicht hatten die keine Brötchen von gestern mehr.

Wir sind froh, als wir wieder in Verenas Wohnung sind. Eine Weile warte ich noch auf den hellen Streifen im Westen, dann muß auch ich einsehen, daß an eine Rückfahrt mit dem Rad nicht zu denken ist. So gibt es wenigstens einen gemütlichen Nachmittag mit Kaffee und Kuchen. Am Spätnachmittag begeben wir uns dann resignierend zum Bahnhof, es regnet und regnet. Der Bummelzug bringt uns in einer knappen Stunde nach Braunschweig. Da regnet es immer noch. Annika holt uns mit dem Auto und dem Fahrradträger ab. Durch den Regen fahren wir nach Hause.

Zwei Sonnentage

Da das Leben weiter geht und sich auch das Wetter mal ändert, kommen auch wieder bessere Zeiten. Nach einer längeren Kaltzeit im Juli haben wir nun doch zwei Sonnentage, die auf ein Wochenende fallen. Am Samstag gehen wir auf den Flohmarkt, es hat sich soviel Müll angesammelt, der muß verkauft werden. Immerhin wird mehr eingenommen, als die Standgebühren betragen. Zunichte gemacht wird der Gewinn dadurch, daß ich meine Sammlung von Rechenmaschinen durch eine "Thriumphator" bereichern muß (einem inneren Zwang folgend).


Flohmarkt
In den Leerzeiten pendle ich zwischen zu Hause und dem Flohmarkt mit dem Fahrrad am Südsee entlang. Obwohl ich jeden Tag diesen Weg zur Arbeit fahre, macht das Radfahren bei dem Wetter heute unbeschreiblich Spaß.

Der Sonntag bricht genauso heiter los. Wir müssen erstmal mit dem Hund in die Felder. Wegen seiner ungezogenen Art anderen Hunden gegenüber vermeiden wir immer tunlichst jeden Kontakt zu anderen Zwei- und Vierbeinern. Während unser Blick über die heute so nahen Harzberge schweift, überrascht mich Heidi mit der Frage "Machen wir heute eine Radtour?" Normalerweise sind solche Tage dem Sitzen auf der Terrasse und der Erwartung einer sich bräunenden Haut gewidmet.

Da bin ich also ganz baff, habe schnell eine Idee im Hinterkopf, aber die muß sich erst setzen, die Wegführung muß erst vor dem inneren Auge ablaufen. Dann weiß ich es: nach Riddagshausen zum Ausflugslokal "Schäfersruh", das ist erst vor einiger Zeit wieder eröffnet worden. Und: "ab Südsee garantiert auf völlig unbekannten Wegen!" Das kommt daher, daß ich auf meinen Wegen von und zur Arbeit bei schönem Wetter gern allerhand Wald-, Feldwege und Querverbindungen, Schlupflöcher in Sackgassen usw. erkunde. Da kennt man sich dann allmählich ganz gut aus.

Da fahren wir also los, am Waldrand entlang und dem Holzkreuz am Straßenrand, "Jens" steht da drauf und immer frische Blumen.... Rechts liegt die Erdbeerplantage, da wird heute zum letzten Mal gepflückt. 120 polnische Hilfskräfte sind dazu angereist, die kampieren oberhalb unseres Dorfes neben einer Scheune, in der sanitäre Einrichtungen und Kochgelegenheiten untergebracht sein sollen. Wie wir vorhin gesehen haben, ist das Lager aber nun schon aufgelöst.

Das nächste Ziel ist die "gelbe Blume". Die habe ich schon vor Tagen auf dem Brachgelände neben dem Rüninger Sportplatz entdeckt. Es scheint sich um eine gelb blühende Distelart zu handeln, in dem Buch "Was blüht denn da?" ist sie nicht zu finden. Wir denken uns dann auch, daß die Blume vielleicht von Gartenabfällen ausgewildert wurde. (Im botanischen Garten ist sie dann aber unter dem Namen "Gelbe Flockenblume" aus dem Kaukasus stammend, zu finden - vielleicht ist sie im Schlepptau des "Riesen-Bärenklau" marschiert, der auch aus dem Kaukasus stammt).

Nun lassen wir den Südsee links liegen und die Tour auf (für Heidi) unbekannten Pfaden beginnt. Da ist zunächst ein Neubaugebiet in Stöckheim, da kann man zwischen neuen Reihenhäusern, deren Gärten und Garagen im Zickzack - ein rechts ein links - hindurchfahren. Jenseits der Straße zwischen Stöckheim und Melverode kann man zwischen älteren Anwesen das gleiche Spiel betreiben. Unversehens kommen wir am großen Parkplatz vom Stöckheimer Einkaufszentrum (früher Blau-Gelb) raus. 5 km von zu Hause sind wir gerade gefahren.

Dann geht es über die BB-Autobahn (Braunschweig-Brocken). An der Strasse nach Mascherode hat man vor Jahren alle Pappeln abgeschlagen, inzwischen hat man wieder neue Bäume angepflanzt und dankenswerterweise einen Radweg angelegt. Wir fahren aber scharf links Richtung Heidberg und auf Wegen zwischen Gartenkolonien erreichen wir den Heidbergsee. Baden ist natürlich verboten, da wollen die offiziellen Ämter kein Risiko eingehen. Sonnenbaden aber scheint erlaubt zu sein.


Heidbergsee
Am Waldrand des Mascheroder Holzes wuchern die Schlingpflanzen bis hoch in die Baumkronen. "Wie in dem Auwald am Rhein" merke ich an, um die Merkwürdigkeiten unserer eigenen Gegend in das rechte Licht zu setzen.

Es folgt ein schnurgerader Weg über zwei KM Länge, rechts das Mascheroder Holz, links die Gärten der Häuser am Rande der Südstadt. Nach Passieren eines großen Kindergartens erreicht man die Straße von der Lindenbergsiedlung nach Mascherode. Dieses Stück kann nun nicht mehr als unbekannt gelten, da fährt man mit dem Auto ab und zu auch schon mal lang. Es gibt aber einen Radweg, der führt einen zur Helmstedter Straße und der Baustelle der A29.

Hier bemüht man sich seit vier Jahren um die Fertigstellung von zwei KM Stadtautobahn. Dazu mußte eine Gartenkolonie aufgelöst werden, einige Kasernen wurden abgerissen, für den Verlauf der Trasse wurde ein Trogtal ausgehoben, flankierend dazu große Wasserrückhaltebecken angelegt. Nagelneue Brücken überspannen das alles. Den größten Kostenpunkt verursachen die Lärmschutzmaßnahmen. Man hat die Strecke teilweise durch einen betonierten Überbau entschärft, die frisch betonierten Pfosten sind gerade mit Plastik umhüllt, damit sie nicht zu schnell austrocknen. Der Straßenbelag besteht aus einem speziell für den Lärmschutz entwickelten Bitumen, dem sog. "Flüsterasphalt". Nur wer später hier fahren soll, und wohin - das steht noch nicht fest.

Wir kreuzen die B1. Vielleicht werden die zukünftigen Verkehrsteilnehmer alle auf die B1 (Aachen - Königsberg) wollen ? Wir schlagen uns links in eine versteckte Siedlung. Ich suche hier nach einem Trampelpfad, den ich nach einem Schlenker auch finde. Von diesem Trampelpfad gelangt man auf einen Feldweg entlang einem Bahndamm, unversehens öffnet sich ein kleiner Durchschlupf im Bahndamm und man ist auf der anderen Seite.

Während wir uns angesichts der Klosterkirche Riddagshausen die Augen reiben, heizt ein Mountainbiker, eine Staubfahne hinter sich lassend, an uns vorbei. Wo der wohl so schnell hin will? Wir biegen nach ein paar hundert Metern in den Klostergang. Hier ist es immer besonders gemütlich - jeder Braunschweiger Maler, der etwas auf sich hält, hat seine Staffelei irgendwann hier aufgebaut. Ich mache auch ein Foto.


Klostergang Riddagshausen
Am Ende des Klostergangs liegt linkerhand das Tagungsgebäude einer bekannten deutschen Automobilfirma. Da sind wir nicht so gut darauf zu sprechen. Vor Jahren sind wir aus Neugierde da mal eingedrungen und dann mit harrschem Ton vom Gelände gejagt worden. So was vergißt man nicht!

Durch das Torhäuschen verläßt man das Gelände des ehemaligen Zisterzienserklosters. Vis a vis liegen die Fischteiche, heute das mit Abstand beliebteste Ausflugsgebiet Braunschweigs. Da findet man natürlich auch eine Imbißbude mit Garten vor. Heute sind bei dem wunderschönen Wetter natürlich eine Menge Leute da. Am Nebentisch sitzt eine Familie, deren Sohn man auch als Vater von drei Töchtern nicht geschenkt haben wollte. Der ist mit Lederbändern umwickelt, trägt eine schwarze Sturmkluft und natürlich x-Loch Springerstiefel. Ich kriege eine richtige Gänsehaut dabei. Nun habe ich allerdings erst kürzlich mal wieder "Im Westen nichts Neues" gelesen, weil Stefanie darüber diskutieren wollte, da ist einem alles Militärische zuwider.

Nachdem wir unsere Bratwurst verdrückt haben, fahren wir auf dem Nehkornweg bis zum Wildgehege. Ein Stück Wild mit und eins ohne Gehörn äsen auf dem Waldboden.


Zwei Stück Wild
Wir halten uns in der Buchhorst, so heißt dieses Waldgebiet, dann alsbald links und fahren auf dem alten Bahndamm zwischen renaturisierten Feuchtwiesen. Rechts liegt der Elm zum Greifen nah. Schon sind wir bei "Schäfersruh" angelangt. Seit einiger Zeit ist hier wieder ein Ausflugslokal eingerichtet. Immerhin stehen hier heute mehr Fahrräder als Autos herum.

Mich interessiert eher das alte Bahnhofsgebäude des Bahnhofs Schapen gegenüber. Das steht einerseits unter Denkmalschutz, auf der anderen Seite verweigert die Stadtverwaltung aber jedem Interessenten jegliche Nutzungsgenehmigung, um hier im Naturschutzgebiet kein Exempel zu statuieren. So verfällt das Gebäude wohl allmählich von alleine.

Bahnhof Schapen
Zum Einkehren haben wir keine Veranlassung, wir waren ja gerade in der Imbißbude. Wir fahren zurück in Richtung Innenstadt. Wenn man lange nicht mehr hier draußen war, kennt man sich auch kaum mehr aus, es sind neue Wege entstanden, um das Innere des Naturschutzgebiets zu entlasten (Europareservat wegen der Löffelente).

Wir queren den Messeweg, verlassen damit Riddagshausen. Man kann aber nicht minder im Grünen entlang der Wabe und Mittelriede durch sumpfiges Gelände fahren. Man kommt dann am Bahnhof Gliesmarode raus. Nun ist ein Besuch des Nußberg angesagt, das ist mit 97 m die höchste Erhebung im inneren Stadtgebiet (der höchste Berg Braunschweigs ist nämlich mit 111 m der Geitelder Berg!!).

Vom Nußberg hat man einen leidlichen Blick auf die Stadt. Berühmt ist die Aussicht in der Neujahrsnacht, wenn alle vereinigten Braunschweiger Sektkorken in den Himmel geschossen werden. Das Neue Jahr würde nicht richtig anfangen, wenn nicht am 2.1. eines jeden Jahres ein Bild mit Nußbergblick auf der Titelseite der Braunschweiger Zeitung prangte.


Nußbergblick
Im Krieg war das hier oben eine Flak-Stellung, die ganze Gegend ist von Bunkern unterhöhlt. Nur liegt der Nußberg leider östlich von Braunschweig. Da hatte unser Geitelder Berg westlich der Stadt, von wo die Bombenanflüge zuerst wahrgenommen wurden, doch wohl ein weitaus bedeutenderes strategisches Gewicht. Dennoch hat man Braunschweig in Schutt und Asche gelegt...

Ich schieße - nur mit der Optik - ein Panoramabild. Dann sausen wir hinunter, leider muß das gewonnene Tempo mit Rücksicht auf eine Ansammlung von Hunden geopfert werden. Ab Stadtpark sind wir wieder richtig in der Stadt. Obwohl ich quasi jeden Tag hier lang fahre, mache ich heute Fotos wie ein Tourist von der Paulikirche und vom Staatstheater.


Paulikirche


Staatstheater
Am Bohlweg ist heute Motorradparade, wie immer bei schönem Wetter. Wenn es einer nicht mehr aushält, fährt er mal schnell eine Runde von Ampel zu Ampel. Mit wahnsinniger Beschleunigung und Vollbremsung bleibt auch der akustische Reiz nicht verborgen. "Cool" ist es auch, wenn man lässig an ein Cabrio gelehnt der Technomusik (Bum-Bum-Bum-...) lauscht, die aus den Boxen wummert.


Traditionsinsel
Eine "Traditionsinsel", wie die Braunschweiger sagen, finden wir um die Aegidienkirche herum. Man hat einige alte Häuser, die wir noch als Ruinen kennen, sorgsam restauriert. Direkt neben die Gebäude des alten Klosters Aegidien hat ein bekannter Braunschweiger Architekt ein würfelförmiges Privathaus hingesetzt. Das hat schon gehörig für Diskussionen gesorgt. Man begründet die Angelegenheit mit dem künstlerischen Argument, man habe einen "Kontrast" setzen wollen. Tatsache ist aber wohl, daß die Genehmigungsgremien sich zu gegebener Zeit im Tiefschlaf befunden haben und erst nach Fertigstellung des Baus sich verwundert die Augen rieben.


Kontrastarchitektur

Lessing Denkmal
Als ich mein Foto von der Sache mache, werden schnell die Vorhänge zugezogen. Recht so, die sollen nur merken, daß man da komisch guckt.

Auf dem Lessingplatz erkunden wir, wer das eigentlich auf dem Denkmal sein soll. Nicht weit vom Hauptbahnhof liegt der auch begraben.

Zum Abschluß bummeln wir noch einmal über den Flohmarkt. Mich kann man nur mühsam von einer weiteren Rechenmaschine wegzerren.

Am Südsee entlang fahren wir wie gewohnt zurück, nach drei Stunden und knapp 40 km eine gelungene Radspazierfahrt.

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