Donnerstag, eine Radtour nach Filadelfia

Man hatte sich natürlich am sog. Sportzentrum schon vorher erkundigt, wie das mit dem Radfahren hier aussieht. Ein Mountainbike kostet 15 EUR am Tag, das ist nicht ganz billig. Geeignete WegeKarten der Gegend sind nicht verfügbar, da muss man geeignete Touren schon selbst herausfinden. Daher werden geführte Radtouren angeboten, die sind kaum teurer als die Tagesmiete für ein Rad. Die Tour nach Pizzo muss man nicht mitmachen, wenn man schon mal da war und dort ein Tartuffo Eis gegessen hat. Es gibt aber auch eine anspruchsvolle Tour, die führt knapp 600 Höhenmeter hinauf in das Bergdorf Filadelfia, wo Donnerstags Markttag ist. Nur für geübte Fahrer! Für den halte ich mich schliesslich schon, nach all den Jahren.

Nachdem am Sprortzentrum die Tennisplätze vergeben sind und die Nordic Walker sich geeinigt haben, wie man auch mit einer neuen Hüfte über die Strecke kommt, versammeln sich auch die Mountainbiker. Das sind nur vier an der Zahl. "Mehr als acht waren wir sowieso nie" heisst es. Das kann ja heiter werden! Der einzige Gast ausser mir ist Michael aus München. Geführt werden wir von Roman, einem der Animateure. Ein anderer Animateur - der ist DJ (Disc Jockey) - fährt auch noch mit, um sich mal wieder fit zu machen.

Sturzhelme auf und schliesslich sausen wir los. Am Pinienwäldchen muss Heidi auf dem Weg zu ihrem geruhsamen Strandaufenthalt zur Seite springen, damit wir vorbei brettern können. Dann geht es längs durch eine der Baumreihen, über einen Sprunghügel und dann eine asphaltierte Eukalyptusallee entlang. Nach Passieren der Küstenstrasse, Eisenbahn und Autobahn sind wir in der Botanik angelangt. Da geht es schon zu Sache: eine kurze 15% -Steigung. Die anderen drei kurbeln da mühelos hoch, aber ich muss nach den ersten Metern schieben - welche Schmach! Aber der Kreislauf gibt das einfach nicht her. Womöglich bzw. sicherlich bin ich doppelt so alt, wie die anderen drei. Aber noch nicht so alt, wie die drei zusammen!
Hier könnte man ja mal ausrechen, wann das der Fall gewesen sein könnte, wenn ich - mal angenommen - über 60 wäre und die Mitstreiter zwischen 20 und 30 Jahre alt sein mögen.
(Na, so etwa vor 7 Jahren, nehme ich mal an.)

Als wir wieder versammelt sind, ich noch keuchend, stellt sich heraus: Roman ist aktiver Marathonläufer und Freeclimber, sogar an den Klippen unseres heimatlichen Iths war er schon zugange. Der Ith ist neben dem Elm ein norddeutsches Mittelgebirge mit nur drei Buchstaben, daher aus Kreuzworträtseln bekannt. Michael aus München ist dagegen in den Alpen zu Hause, Militärpisten am Gardasee und so. Den Namen des DJ habe ich leider nicht parat, aber der hat sportlich auch nichts zu verbergen.

Nun fahren wir auf dem gerade erklommenen Plateau mit schöner Aussicht dahin. Es zeigt sich ein weiterer Nachteil einer Gruppenunternehmung. Man kann nicht einfach anhalten, um zu fotografieren, weil dadurch alle anderen warten müssten. Vor uns oben auf dem Hang liegt das Dorf Montesoro, da geht es nun erstmal hinauf. Natürlich fahren die anderen voraus, während ich mein eigenes Schneckentempo einhalten muss. Am Strassenrand werden gerade Oliven geerntet. Da werden Netze auf dem Boden ausgelegt und die Oliven mit einer langen Bambusstange von den Bäumen geklopft. Leider kann ich mir nicht die Zeit nehmen, ein Foto zu machen.

Als ich so zwei drittel oben bin kommt mir Roman wieder entgegen, um nach dem Rechten zu schauen. So sind wir gemeinsam nach einiger Zeit dann wieder vereint. Hier ist ein Aussichtspunkt und man kann endlich ein paar Fotos machen. Es geht weiter, zunächst eben, und dann kommt der Anstieg nach Filadelfia. Das geht zu wie gehabt, ich zockele hinterher. Vorbei an Esskastanien, die auf der Erde liegen, oder hübschen wilden Alpenveilchen. Aber ich darf ja nicht aus dem Tritt kommen. Wieder lotst Roman mich die letzten Serpentinen hinauf.

Am Ortseingang von Filadelfia ist eine Quelle, aus drei Rohren fliesst das köstliche Nass. Da kann man sich erfrischen. Das Wasser scheint sehr beliebt zu sein, denn es fährt ein Auto nach dem anderen vor und man füllt grosse Plastikkannister ab. Ein paar hundert Meter weiter erreichen wir dann den Wochenmarkt. Der ist aber leider fast schon zuende und man baut die Stände bereits ab. Der Markt wird ausschliesslich von der einheimischen Bevölkerung besucht, weil er noch nicht vom Tourismus beeinflusst ist und daher auch preiswerter ist.

Da ich trotzdem Bargeld benötige, vertraue ich meine Scheckkarte dem ersten besten Bankomaten an. Da geht zunächst alles glatt, nur am Schluss kommt die Meldung: "Maschinenfehler, Vorgang wiederholen". Also die Scheckkarte nochmal eingesteckt, und nun passiert gar nichts mehr. Da kann man alle verfügbaren Knöpfe drücken, die Karte wird nicht wieder rausgerückt. Stattdessen kommt eine Quittung für erhaltene 100 EUR. Zum Glück ist die Bank geöffnet. Da kommt man nur über eine Ein-Mann Sicherheitsschleuse hinein bzw. wieder hinaus. Roman macht den Dolmetscher. Das ist auch nötig, denn der Bankbeamte redet wie ein Maschinengewehr. Immerhin wird die Scheckkarte aus der Rückseite des Bankomaten gefischt. Man hätte einen Maschinenfehler, es habe schon einige andere vor mir erwischt. Ob die 100 EURo nun abgebucht seien, könne man erst am Nachmittag feststellen. Falls das der Fall sei, könne man sie am nächsten Tag (unser letzter Tag!) abholen. Eine Rücküberweisung lasse sich nicht durchführen. Na prima!! Roman hinterlässt noch seine Handynummer, damit man über den weiteren Vorgang informiert werden kann.

Ein paar Ecken weiter ist der nächste Bankomat. Nun hat man ja fast schon Herzklopfen, wenn mal eben an 100 EUR kommen will. Aber diesmal klappt es perfekt, 4.80 Gebühren fallen an, wie man später zu Hause den Kontoauszügen entnehmen kann. Und die fehlgeschlagene Abbuchung hat nicht stattgefunden, wie wir heute wissen, obwohl wir den armen Roman noch den Rest des Tages ohne Ergebnis gelöchert haben, was nun dabei heraus gekommen sein mag.

Nach diesen ganzen Aufregungen geht es nach kurzem Aufenthalt in Filadelfia an die Rückfahrt. Zunächst auf der Strasse die Serpentinen hinunter. Der DJ hält sich immer kurz hinter mir, damit auch nichts passiert. Aber bergab fahren kann ich ganz gut. Jedenfalls wenn die Bremsen funktionieren, und das ist, wenn auch quietschend, OK. Zum Schluss jagt uns Roman die restlichen Höhenmeter hinab über abenteuerliche Seitenwege. Eine grob gepflasterte Strecke wie aus der Römerzeit sind für ihn 200 m Spassstrecke. Michael muss dagegen seine Getränkeflasche wieder einsammeln, die ihm bei dem ganzen Gehoppel abgefallen ist. Noch ein paar enge und steile Kurven, dann hat man es am Ende geschafft und rollt durch unser Pinienwäldchen heimwärts, wenn man es denn so nennen kann. Das Rad könne man noch für den Rest des Tages benutzen, aber mein Kommentar: "Für heute reicht es".

Wir verabschieden uns per Handschlag, ein Lob von Roman tut auch noch sehr gut. Und genauso gut geht es uns anschliessend am Strand, wo die Sonne es nun gut mit uns meint und ich meiner lieben Gattin alles erzählen kann, was ich gerade hier erzählt habe.

Die Anlage Garden Resort

Abschliessend noch ein paar Eindrücke von der Anlage, die an die 1500 oder gar 2000 Gäste beherbergen kann. Fotos stehen nun leider nicht zur Verfügung, weil das Wetter am letzten Tag umgeschlagen ist. Kälte, Regen und Gewitter. Da hat man den Regenschirm nicht umsonst mitgenommen und keine Lust, die weitläufigen aber nun verwaisten Poolanlagen zu fotografieren. Die vor drei Jahren eröffnete Anlage ist sehr gut gepflegt und gärtnerisch nach Mittelmeerart angelegt. Wir finden sogar ein paar Jakarandabäume mit Resten von Blüten. Die keimen gerade erfolgreich bei uns zu Hause aus gezogenen Samen, die allerdings aus Malta stammen sollen. Zwei Kröten bekommen wir auch zu Gesicht, die eine sucht schleunigst das Weite, die andere ist leider wohl von einem Gepäckwagen überrollt worden.

Wenn das Wetter nicht mitspielt, ist man hier ziemlich aufgeschmissen. Es gibt anscheinend keine Räumlichkeiten, wo man sich dann gemütlich aufhalten kann, ausser dem eigenen Zimmer. Wir haben es während unseres Aufenthalts noch gut getroffen, weil die meiste Zeit die Sonne mitgespielt hat. Die hat dann am Nachmittag zu dieser Jahreszeit nach 15 Uhr auch nicht mehr so recht Wärme gespendet, wenn man kurz zuvor noch einmal im Wasser war.

Das Animationsteam vom Garden Resort ist wohltuenderweise in keiner Weise aufdringlich, wie man es anderswo vielleicht kennen gelernt hat. Tagsüber geht es mit Wassergymnastik, Volleyball, Fussball, Boccia, Bogenschiessen, Nordic Walking usw. recht sportlich zu. Abends bieten die Animateure im sog. Amphitheater eine Musical- oder Tanzschow an. Wir haben uns nur Teile einer brasilianischen Show angesehen und gestaunt, welche tänzerischen Fähigkeiten unsere Animateure dort geboten haben. Durchaus professionell. Unser guter Roman hat übrigens dreisprachig (D, It, Engl) den Conferencier gegeben, mit Jongleur-Einlagen - was der also alles drauf hat!

Das Essen! Bei so vielen Gästen ist die Buffetzeile natürlich reichlich lang und man muss jedesmal mit gerecktem Hals in die Töpfe gucken, bevor man sich entscheidet. Nudeln, Spaghetti bzw. Pasta und Pizza sind hier im tiefsten Italien natürlich obligatorisch. Mit den Fleischgerichten waren wir dagegen nicht so gut bedient, meistens recht zäh, obwohl vom Kalb. Oder Kaninchenbraten, da hätte man sich mal eben einen kompletten Brustkorb mit allen Rippen auf den Teller laden können. Das Angebot an Fischgerichten ist allerdings sehr reichhaltig, man bekommt Schwertfisch, ThunfischDolphin (und das ist nicht der Delphin, der natürlich unter Schutz steht), sondern die Goldmakrele, und auch Shark (war es wirklich der Hai, den nun wir essen anstatt er uns?), und natürlich - leider einmal nur - die leckere Dorade (die dann auch schnell alle war). Weiterhin Oktupus (meistens zäh), Muscheln oder Garnelen. Die muss man allerdings mit blossen Fingern aus ihrem Gehäuse schälen. Dafür sind sie trotz der Mühen aber sehr lecker. Es gibt auch - wie es scheint - bereits ausgeschälte Garnelen. Das sind aber künstliche und mehlig schmeckende Derivate, die fressen nicht einmal die Katzen.

Dabei sind wir wieder beim Thema, was Heidi betrifft. Die Katzen, die unter den Tischen herumscharwenzeln, haben bald heraus, wer es gut mit ihnen meint. Und da werden sie bei Heidi gut bedient! Da wird extra Käse heran geholt und verfüttert. Na, man kann annehmen, hier muss keine Katze verhungern.

Nachdem es die beiden letzten Tage empfindlich kalt geworden ist und dann auch noch ein ausgiebiger Regen dazu kommt, können wir uns gut trösten, dass nun die Heimreise angetreten werden muss. Diese verläuft - das gibt es also auch, - planmässig und gänzlich ohne Zwischenfälle. Schliesslich betreten wir am Spätnachmittag unser Haus, alles ist totenstill aber es brennen ein paar Kerzen? Wollte da jemand alles abfackeln? Nein, da kommen auch schon die beiden Töchter um die Ecke gefegt, die hatten sich versteckt. Und nun muss man Heidi zum Geburtstag gratulieren, der nun schon 6 Tage zurück liegt. Deswegen wird es heute Abend etwas später...man gönnt sich ja sonsts nichts und hat nun auch viel zu erzählen!


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