Reise nach La Gomera
29.4.-13.5.2012

Planung und Anreise

Mit Fuerte Ventura und Lanzarote haben wir in der Vergangenheit schon zwei Inseln der Kanaren kennen gelernt. Für diesmal haben wir uns die Insel La Gomera ausgesucht, die touristisch noch nicht so sehr erschlossen ist und vor allem zum Wandern geeignet ist. Arbeitstitel: Sodom und Gomera. Damit wir selber das mit dem Wandern nicht übertreiben müssen, nehmen wir vorsorglich unsere Tochter Stefanie mit, die ist Alpen- und Island-erprobt. Unsere unverzichtbare Reisehelferin Ilona vom Reisebüro Bokelmann in Goslar bucht für uns 14 Tage im Jardin Tecina bei Playa de Santiago im Süden der Insel La Gomera.  Der Reiseveranstalter nennt sich Vtours. Hin- und Rückflug mit Condor sind zu angenehmen Zeiten ab Hannover, den Flughafentransfer buchen wir wie immer beim Nightliner-Dienst, der uns vor der Haustür abholt und auch wieder abliefert. Die Recherchen im Internet über unser Reiseziel verheißen nur Gutes, sodass man sich einer berechtigten Vorfreude hingeben kann.

Am Sonntag, 29.4. ist es für uns endlich soweit. Stefanie, die bereits einen Tag früher von Hamburg geflogen ist, hat uns schon eine SMS geschickt, dass sie bei herrlichem Wetter und Traumaussicht auf der Terrasse das Frühstück einnimmt. Wir fliegen um 13.15 ab Hannover und landen gegen 17.15 mit 1 Stunde Zeitverschiebung nach vorn in Teneriffa Süd. Von dort werden wir mit einem Taxi zum Hafen Los Christianos kutschiert, wo gegen 20.30 die Fähre nach La Gomera ablegt. Da ist genügend Zeit, sich das geschäftige Treiben dieser Touristenhochburg zu Gemüte zu führen. Es gibt nahe am Hafen ein paar Strandpartien, wo Liegen und Sonnenschirme in symmetrischen Reihen aufgebaut sind. Die umgebenden Berghänge sind dicht bebaut und es herrscht ein reger Autoverkehr. Dieser Ort ist sicher nichts für den ruhebedürftigen und naturliebenden Urlauber.

Inzwischen haben wir die Koffer in die Fächer der bereitstehenden Transportwagen verstaut und die Bordkarten besorgt. An windgeschützter Stelle kann man dann in der Sonne seine Zeit absitzen, bis ein Schhiff kommt. Schon schicken wir uns an, dort an Bord zu gehen, doch es ist wieder mal das falsche Fährschiff. Das richtige der Fred Olsen Linien legt gerade an. Schließlich hat alles geklappt und bei einsetzender Dunkelheit legt das Schiff ab. Von der Insel La Gomera ist nur schemenhaft ein Küstenstreifen zusehen, alles andere verdecken die Wolken. Nach etwa einer Stunde legen wir in San Sebastian auf Gomera an. Wir werden sogar von einem Betreuer empfangen und zum Taxi geführt, das uns schließlich zusammen mit einer weiteren Dame nach Playa de Santiago bringt, wo wir vor der Anlage Jardin Tecina aussteigen. Schon begrüßt uns unsere Tochter überschwänglich, sie hat an diesem Tag bereits alles mögliche erkundet. Nach einem späten Abendessen marschieren wir zu unserem Quartier, was wir alleine nur schwer in diesem labyrinthartig angelegten Ganggewirr gefunden hätten.

Unser Zimmer liegt direkt am Meer, allerdings hoch oben auf der Klippe, wo es sich nicht empfiehlt, über die Absperrmauer zu klettern. Nach dem aufregenden Tag lässt der Schlaf nicht lange auf sich warten.

Montag, 30.4.

Der erste Tag dient natürlich der Eingewöhnung. Dazu muss man sich mit den verschiedenen Wegemöglichkeiten in dieser Anlage befassen: wie kommt man wohin bergauf bergab am schnellsten usw. Das Jardin Tecina ist ein Projekt der norwegischen Reeder-Dynastie Olsen, die bereits seit dem frühen 20. Jh. auf den Kanaren finanzstark tätig wurden und viel für die Infrastruktur vor allem der Insel La Gomera getan haben. Das Tecina wurde in den 80er Jahren als Bungalowdorf im kanarischen Stil konzipiert und vollendet. Eine der Olsen-Gattinnen erblickte, so wird erzählt, einmal irgendwo eine wunderschöne Gartenanlage, worauf ihr Gatte ihr versprach, etwas gleich Schönes hier auf Gomera zu schaffen. Und das ist ihm offensichtlich gelungen. Dazu gekommen ist noch ein ausgedehntes Golfgelände oberhalb der Hotelanlage, auf das wir später zu sprechen kommen werden. Ganz aktuell ist der Name Olsen nun gerade jetzt, als das berühmte Gemälde "Der Schrei" von Edvard Munch aus dem Besitz der Familie Olsen bei Sotheby's zur Versteigerung kommt, und - was weniger romantisch ist - für 120 Mio Dollar von der Königsfamilie von Katar erworben wird.

Damit genug der Eingewöhnung, und wir versammeln uns an der Poolanlage, um die erste Sonne zu genießen. Am Nachmittag hat Stefanie bereits eine Whalewatching-Tour gebucht. Dazu begeben wir uns mittels eines in den Felsen gebauten Fahrstuhls hinunter nach Playa de Santiago und zum Hafen. Schließlich erscheint ein gelbes Gummiboot, entlässt die Gäste der vorherigen Tour - alle ohne Schwimmwesten - und sogar ein Kleinkind dabei, doch das ist quietschvergnügt. So wird vielleicht auch unsere Tochter die Tour wohlbehalten überstehen. Als sie am Abend wieder auftaucht, strahlt sie und präsentiert Fotos von springenden Delphinen, auch alle ohne Schwimmwesten.

Dienstag, 1. Mai

Heute kommt der Reisebetreuer, der alles wesentliche über die Ausflugsmöglichkeiten erläutert. Einen Satz haben wir uns gemerkt: "Frau Merkel war schon dreimal hier, aber lassen sie sich dadurch
nicht abschrecken". Bald darauf sitzt Stefanie am Verhandlungstisch und bucht eine Wandertour nach der anderen. Die Touren werden angeboten und durchgeführt von der Firma Timah: www.timah.net.

Als das erledigt ist, brechen wir beide gleich zu einer Trainings-Wandertour auf, während Heidi es sich am Pool gemütlich macht. Wir marschieren auf der asphaltierten Straße Richtung Golfplatz, der leider für gewöhnliche Sterbliche streng tabu ist, obwohl er herrlich angelegt sein soll, wie man hört. Dafür liegt weithin sichtbar genau voraus auf der Insel Teneriffa der Kegel des Teide, mit 3717 m der höchste Berg Teneriffas und sogar Spaniens. Immer wenn man den Teide zu sehen kriegt, ist man versucht, den Fotoapparat zu zücken. Diesmal liegt allerdings eine üppig blühende Bougainvillea Hecke im Vordergrund, da gibt es nichts zu überlegen. Nach der nächsten Straßenkurve zeigt sich bereits die Kargheit der Landschaft, wo keine künstliche Bewässerung für den Pflanzenwuchs sorgt. Der Hang zur Linken ist noch mit zahlreichen Agaven bewachsen, aber voraus dehnt sich ein ödes Trockental aus. Es soll hier über ein Jahr nicht mehr geregnet haben. Der Golfplatz wird übrigens durch eine Meerwasser-Entsalzungsanlage mit Wasser versorgt.

Im Talgrund beginnt ein Wanderweg, der laut Beschilderung bis San Sebastian führt. Bald schon kommt uns auch ein älterer Herr entgegen, schwer bepackt mit einem Rucksack. Wir erklimmen noch den Gegenhang, dort oben befindet sich ein einsames Anwesen mit dem Namen Villa Maria. Entlang den Resten einer Bewässerungsrinne begeben wir uns zur Spitze des Berggrates, von wo man in die nächste Bucht schauen kann. Dorthin kann man noch mit dem Auto fahren und es haben sich auch ein paar Badegäste dort eingefunden.

Bald sind wir wieder zurück in der Anlage und faulenzen am Pool. Wie es sich gehört hatte ich vor der Reise noch einen Friseur aufgesucht - Maschinenschnitt. Zum Entsetzen der Friseuse ist dabei während des Scherens der Scheraufsatz abgefallen und das Haar knapp über der Kopfhaut abrasiert worden. Da mich ja hier keiner kennt, stört mich das weniger, doch am Abend muss man feststellen, dass sich an der gelichteten Stelle ein gehöriger Sonnenbrand gebildet hat. Dagegen gibt es ein Geheimrezept und das heißt Aloe Vera. Diese Pflanze wächst hier an jeder Ecke. Also schneidet man sich eines der dickfleischigen Blätter ab und der Saft wird dann auf die verbrannten Partien aufgebracht. Das hilft sofort, besser aber ist es für die weitere Zeit eine Kopfbedeckung zu tragen.

Mittwoch, Inselrundfahrt

Heute startet die erste Unternehmung: die Inselrundfahrt. Der Bus schraubt sich zunächst die Straße hinauf, die wir auf der Herfahrt im Dunkeln entlang gefahren sind. Nun kann man die Landschaft bewundern, die mit zunehmender Höhe grüner wird, da sich weiter oben mehr Feuchtigkeit aus der Luft und gelegentlichen Wolken niederschlägt. Unser Reiseführer heißt Olav und er versorgt uns mit den nötigen Informationen in Deutsch und Englisch. An der Abzweigung Richtung San Sebastian fahren wir in Richtung Inselinneres und es gibt einen Fotostop am Aussichtspunkt Roque de Agando bei etwa 1100 m Höhe. Von diesen Roques (Felsen) gibt es eine ganze Reihe auf Gomera. Es handelt sich um ehemalige Vulkanschlote, die aus härterem Gestein (Phonolith lt. Wikipedia) bestehen als das ehemals umgebende Lavagestein, das inzwischen weggewittert ist.

Bald darauf biegt der Bus in eine kleinere Straße Richtung Norden ein und an einem Parkplatz dürfen wir Gäste aussteigen. Hier beginnt eine kleine Wanderung, als "kurzer Spaziergang" angekündigt. Man bekommt einen Eindruck von dem Regenwald oder Nebelwald, der inzwischen streng geschützt ist und seine Feuchtigkeit aus den Wolken bezieht, die über den Atlantik herantreiben. Die Bäume sind z.T. mit Moos bewachsen und das macht schon einen bizarren Eindruck. Nach etwa einer halben Stunde kommt man an einem tiefer gelegenen Parkplatz an, wo der Bus schon wartet. Einige atmen auf.

Es geht weiter nach Norden durch das gut besiedelte Tal von Hermigua in das Dorf Agulo, das als das schönste Dorf der Insel bezeichnet wird. Hier war einmal ein Zentrum des Bananenanbaus. Ein paar Steinblöcke an der Felsenküste sind letzte Reste einer Verladestation, wo man die Bananen über eine Seilbahn in die Schiffe verladen hat. Heute sei der Export der Bananen zum Erliegen gekommen, weil die Früchte nicht der EU-Norm entsprechen und zu gut schmecken würden (Augenzwinkern). Auf die Frage, wovon die Inselbewohner heute leben heißt es "Von wenig" (kein Augenzwinkern).

Das Dorf Agulo ist umgeben von steilen Felswänden, die Hänge soweit zugänglich in Terrassen angelegt, doch heute macht man sich nicht mehr die Mühe, jedes Fleckchen Erde zu nutzen, die Zeiten sind vorbei und die Jugend wandert ab. In vergangenen Zeiten seien schon viele Anwohner ausgewandert, z.T. nach Venezuela, wo es nach Ölvorkommen Arbeit gab. Doch viele Auswanderer sind noch eng mit ihrer Heimat verbunden, kommen zu Festlichkeiten zurück und haben auch noch Besitztümer auf der Insel. Mit der Besichtigung der Kirche beschließen wir den Besuch dieses schönen Ortes.

Das nächste Ziel ist ein Informationszentrum Juego de Bolas bei Las Rosas. In einem Gebäude sind allerhand Schautafeln über Vegetation, Klima, geologische Gegebenheiten oder historische Vergangenheit zu studieren. An einem plastischen Modell ist die Insel nachgebildet und man kann verstehen, warum es keine Küstenstraßen gibt. Die Insel ist eigentlich ein vulkanisch entstandener Kegel, und nun durchzogen von radialen Längstälern, die man durch Straßenbauten unmöglich überwinden kann. Um von einem Ende der Insel zum anderen zu kommen, muss man stets über das hochgelegene Inselzentrum fahren.

Der höchste Punkt der Insel heißt Garajonay mit 1487 m Höhe. Mit dem Namen verbindet sich eine Art Romeo und Julia Geschichte. Ein junger Mann aus Teneriffa namens Jonay verliebte sich auf Gomera in ein Mädchen namens Gara. Später dann schwamm(!) er von Teneriffa nach Gomera, wo er bei den Angehörigen seiner Angebeteten aber keine Anerkennung fand. So trafen sich die beiden Liebenden in ihrer Not auf dem höchsten Punkt der Insel, spitzten einen Stock beidseitig an und umarmten sich mit dem Stock zwischen sich, wodurch sie beide den Tod fanden. Seitdem heißt dieser Ort Garajonay, auch wenn man die traurige Geschichte eher dem Reich der Sage zuordnen muss.

Im Anschluss an die Besichtigung des Informationszentrums wird in einem nahen Lokal das Mittagsessen eingenommen. Ein Gast wagt sich an ein Kaninchengericht, wir belassen es bei Kichererbsen. Bei der Weiterfahrt wird an einigen Aussichtspunkten (Mirador) ein Fotostopp gemacht, wo man schöne Bilder machen kann, aber hinterher nicht mehr weiß, wo das gewesen sein könnte. So wird noch ein Halt eingelegt in Chipude oder El Cercado, jedenfalls einem Töpferdorf, wo nicht mit der Töpferscheibe sondern von Hand getöpfert wird. Die Gäste kaufen eifrig, sodass eine Dame beim Verkauf die Finger zu Hilfe nehmen muss, um den Kaufpreis auszurechnen.

Schließlich wird der letzte Halt am Mirador de Igualero eingelegt. Hier befindet sich eine kleine Kapelle und man hat einen schönen Panoramablick auf den Tafelberg La Fortaleza. Außerdem gibt es eine Bronzestatue als Symbol für die einzigartige Pfeifsprache El Silbo, mit der sich die Einwohner über weite Strecken und über die Täler hinweg zu verständigen wussten. Das wird heute wieder in der Schule gelehrt, nachdem man die Pfeiferei zum Weltkulturerbe erklärt hat. Leider wurden wir keine Ohrenzeugen dieses akustischen Schauspiels. Wenig weiter befindet sich das Dorf Igualero. Auch dieser Ort ist weitgehend aufgegeben. Es wohnen dort noch zwei Brüder, und die haben seit zehn Jahren nicht mehr miteinander geredet - so wird erzählt.

Zum Abschluss fahren wir durch den Ort Alajero, wo unser Führer Olav mit seiner Familie lebt. Dort hat man mit EU-Mitteln eine Buszentrale und eine Käsefabrik eingerichtet. Fazit: die Buszentrale wird nicht genutzt und die komplett ausgestattete Käsefabrik hat noch nicht einen Käse produziert. Fast zurück in Playa de Santiago fährt man durch ödes Gelände, wo früher einmal Tomaten angebaut wurden. Nach einer großen Dürre wurde die Produktion eingestellt. Nun hat man hier mit viel Aufwand einen Flugplatz angelegt. Dort landet einmal am Tag ein Propellerflieger, für größere Flugzeuge reicht die Landebahn nicht aus. Um noch einen weiteren Rückschlag zu nennen: seit kurzem ist auch eine Schiffsverbindung entlang der Küste der Fa. Olsen wegen Finanzkrise und Sparmaßnahmen eingestellt worden. Man hatte diese täglich mit 7000 EURo subventioniert, und bei einem zu geringen Touristenaufkommen rentiert sich die Sache eben nicht. So muss man sich auf das Autofahren und Wandern, oder auch Golfspielen konzentrieren.

Am Nachmittag erreichen wir wieder unsere Hotelanlage und freuen uns über die erlebnisreiche und informative Inselrundfahrt, auf der man viel gesehen und gelernt hat. Der morgige Tag wird als Ruhetag verplant, am Freitag geht es dann auf die nächste Tour.

Freitag, Das Palmental

Am Morgen treffen sich 18 Teilnehmer für die Tour, Heidi verabschiedet uns gebührend, sie darf heute weiter "Urlaub" machen. Uns stehen 9 km mit 800 Höhenmetern Abwärtswanderung bevor. Unser Wanderführer ist wieder der Olav, den wir von der Rundfahrt schon kennen. Der Bus bringt uns zum Startpunkt am Roque Agando, Dort ist auch eine Gedenkstätte an einen verheerenden Waldbrand im Jahre 1984 mit 20 Todesopfern, die bei einer Begutachtung des vorläufigen Feuerschadens einer durch aufkommenden Wind plötzlich auftretenden Feuerwalze zum Opfer fielen.

Der Wanderweg führt steil hinab in das Tal von Benchijigua. Das gesamte Tal befindet sich im Besitz jener Familie Olsen, die aus dem Tal die Wasserversorgung an der Küste und damit auch unserer Hotelanlage mit der wunderbaren Bepflanzung gesichert haben. Unser Olav erklärt uns derweil die eine oder andere Pflanzenart, die endemisch sind, und das heißt weltweit nur auf dieser Insel heimisch sind. Es handelt sich vorwiegend um dickfleischige wasserspeichernde Pflanzen, die meistens der Familie der Wolfsmilchgewächse angehören. Es gibt sogar eine Art, deren milchige Absonderung tödlich giftig ist, da wird dann scherzhaft eingestreut, das sei eher etwas für die Schwiegermutter.

Von weitem kann man allmählich das erste Ziel sehen, das ist die Kapelle San Juan bei Benchijigua. Durch die wunderschöne Landschaft und Vegetation, vorbei an ehemaligen Wasserrinnen (Levadas) erreichen wir abwärts steigend schließlich diesen Ort, wo eine längere Rast eingelegt wird. Zuerst fällt ein Gebäude mit verrußter Kaminklappe und Grilleinrichtung ins Auge. Ja, hier habe man zuletzt mit Frau Merkel gefeiert. Wie die wohl hier hingekommen sein mag. Sicher ist sie nicht im Hosenanzug den Berg herabgekollert. In der Nachbarschaft stehen noch ein paar gut eingerichtete Gebäude. Da konnte man eine Zeit lang eine Woche Jardin Tecina und eine Woche Benchijigua buchen. Leider hat sich das nicht getragen, es ist einfach zu abgeschieden hier oben. Von dem Dorf ist auch nicht mehr viel erhalten, es sind zu viele Menschen abgewandert, wie zuvor bereits erörtert. In einem nahegelegenen Felsen mit einem eigenartigen Monument davor befinden sich kleine Höhlen, einige Eingänge sind vermauert, auch diese mögen einmal einem Zweck gedient haben.

Als nächstes lernen wir etwas über die Kaktuslaus Conchinilla. Die kommt hier reichlich vor. Wenn man sie auf der Hand zerreibt, zeigt sich eine karminrote Flüssigkeit. Sie wird zur Herstellung von Kosmetika und Lippenstift verwendet, damit macht das Küssen dann erst richtig Spaß. Man kann viel Geld mit diesem sonderbaren Rohstoff verdienen, aber es hat wohl zum Auskommen der Einwohner auch nicht gereicht.

Wir holpern nun weiter abwärts durch das schöne aber nach der langen Trockenheit fast wasserlose Tal. Nur an einer Stelle findet sich noch ein halbwegs gefüllter Wasserspeicher. Dann sind wir bald am Ende der Wanderung in dem Anwesen Pastrana angelangt und genießen die wohlverdiente Rast in einem urigen Lokal an der Fahrstraße, wo uns auch der Bus für die Rückfahrt erwartet. Zurück im Hotel und am Pool werden die qualmenden Socken ausgezogen und Dusche und Bad sind die Belohnung für die Mühsalen der Wanderung.

Samstag, Der Wilde Nordwesten

Einen Ruhetag gibt es diesmal nicht, wir brechen heute gleich zu der nächsten Tour auf. Heute ist unsere Führerin eine junge Dame aus Oesterreich namens Anna oder so. Auch sie wird uns unterwegs mit vielen Informationen versorgen, die hier nicht alle wiedergegeben werden können. Die Anfahrt führt uns quer über die gesamte Insel in die Gegend von einem Dorf namens Epina im Nordwesten von Gomera. Wir werden zuerst durch ein Dorf geführt, was noch einen sehr ursprünglichen Eindruck macht. Zur Zeit werden auch gerade die Palmen angezapft. Dazu werden die unteren Palmblätter abgeschnitten und an der Schnittstelle eine Art Auffangtrichter mit Leitrohr angebracht, worauf sich die Flüssigkeit in einem Behälter sammelt. Dieser Palmsaft muss dann sofort verarbeitet werden, weil er sonst vergärt und unbrauchbar wird. Am Schluss erhält man eine Art Sirup oder Honig, die als Brotaufstrich oder Veredelung anderer Leckereien verwendet werden.

Auf einem schmalen Hangweg wandern wir in Richtung Norden mit herrlichem Ausblick über das Meer und hinüber zur Insel La Palma. Schließlich kommen wir an eine kleine Kapelle (Eta Santa Clara), wo eine Rast eingelegt wird. Tief unten liegt der Küstenort Arguamul mit ein paar vorgelagerten Klippen. Ein älterer Herr sitzt vor der Kapelle, der kommt aus dem Dorf und hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen einsamen Ort zu bewachen. Aber dann macht auch er sich auf den Heimweg. Für uns geht es nun an den langen Abstieg zu dem Ort Vallehermoso. Durch eine malerische Landschaft geht es auf steinigen Wegen 700 m hinunter.

Über dem Ort Vallehermoso thront einer dieser typischen Roques, dieser heißt Roque El Cano und seine Form ähnelt dem Kopf eines Pitbulls, so sagt man. Dort oben sollen Adler nisten. Der Kirche wird noch ein Besuch abgestattet, dann nehmen wir in einem Straßenlokal Platz und lassen uns ein Getränk schmecken. Nach der Rückfahrt bleibt noch Zeit für ein erfrischendes Bad zum Abschluss.

Sonntag, Ein Arztbesuch

Am Sonntagmorgen geht es Heidi schlecht, die Atemwege sind zu und sie will nicht aufstehen. Vielleicht hätte man die Klimaanlage nicht die Nacht durchlaufen lassen sollen, obwohl man diese kaum merkt. Nun ist guter Rat teuer, zumal an einem Sonntag. Im Ort Playa de Santiago soll es laut Hotelinformation auch am Wochenende einen ärztlichen Notdienst geben. Zuerst müssen wir unsere Patientin hinauf zur Rezeption schaffen, was zu Fuß heute nicht möglich ist. Man schickt einen Rollstuhl mit zwei Helfern, und dann geht es mit Karacho die Steigungen hinauf, zuletzt über eine Rampe zum Parkplatz vor dem Hotel. Bald schon kommt ein Taxi, das von der Rezeption angefordert wurde. Nach wenigen Minuten werden wir vor der medizinischen Station ausgeladen, und nach einigem Klopfen an der Tür wird uns geöffnet.

Erst mal heißt es warten, doch dann erscheint eine etwas verschlafene Dame. Das ist die Ärztin. Vielleicht hatte sie einen anstrengenden Nachtdienst hinter sich. Die Untersuchung verläuft trotz sprachlicher Probleme fachgerecht und es werden die nötigen Arzneimittel verschrieben. Zur Abgeltung der Leistung muss lediglich der Personalausweis und die Chipkarte der Krankenkasse zur Kopie überreicht werden. Die 10 EURo Praxisgebühr, die den Krankenkassen in Deutschland u.a. zu horrenden Überschüssen verholfen haben, entfallen hier.

Die Apotheke liegt gleich um die Ecke, selbst dorthin hat man schon telefoniert und der Apotheker sucht die Arzneien heraus. "Something to pay?" fragt man dann. "No, nothing!" Damit ist die Angelegenheit erledigt und wir können nur staunen, wie hilfsbereit, fachgerecht und auch noch kostenfrei die ganze Sache abgelaufen ist.

Leider steht für die Rückfahrt gerade kein Taxi bereit. In einem Supermarkt erledigen wir noch ein paar Einkäufe, um uns dann auf den Weg zum Fahrstuhl zu machen, der uns wieder hinaufbringen soll. Aber nun steht doch plötzlich ein Taxi da, und so können wir unserer Patientin den Weg ersparen.

Abschließend ist zu sagen, dass die Medikamente ihre Wirkung nicht verfehlt haben, die Nebenwirkungen bzw. Durchschlagskraft aber dennoch dazu geführt haben, sich weiterhin besser in der Nähe gewisser Örtchen aufzuhalten. Den Rest des Tages verbringen wir auf angenehme Weise unter einem Sonnenschirm am Pool. Noch herrscht dort Ruhe.

Montag, Dienstag, Bauarbeiten

Offenbar bedarf der obere Teil der Poolanlage um die Freiluftbar herum einer Sanierung. Dazu müssen die Beckenwände abgeschliffen werden, was mit einem pfeifenden Geräusch verbunden ist. Außerdem werden alle Fliesen mit Presslufthämmern aufgestemmt. Viele Gäste wetzen schon die Messer, um Beschwerden loszulassen, womöglich eine Ausfallsentschädigung, oder wie man sowas nennt, zu ergattern. Dabei kann man sich ganz gut zurückziehen, entweder zum Family Pool in der Nähe oder mit dem Fahrstuhl hinunter zum Club Laurel, wo auch wir für den Rest der Woche unsere Plätze beziehen werden. Stefanie ist fein raus, sie hat noch drei Wanderungen gebucht: am Montag: Der Hirtenpfad, am Dienstag: Der Regenwald, am Donnerstag: Der Märchenwald.

Für uns geht die zweite Woche und damit der Resturlaub gemächlicher zu. Bei unserem ersten Tag im Club Laurel bekommen wir gleich Besuch von zwei recht großen schwarzen Eidechsen, die aus einer Steinmauer kommen. Die fressen sogar gern an einem Croissant herum und scheuen sich auch nicht, schon mal in der Handtasche nachzugucken, was es dort noch alles feines gibt. Ferner gibt es in den nahen Felsen gelegentlich eine gewisse Vogelart zu beobachten. Bei unseren abendlichen Terrassensitzungen bei Vollmond hatten wir uns immer über sonderbare Geräusche gewundert, die mit Einbruch der Dunkelheit einsetzten. Besonders beeindruckend ein lautstark gekrächztes "Aua Aua". Zunächst denkt man da an Möwen, die ja auch gerne zetern, doch diese Vögel sind braun. Nun belehrt uns eine Schautafel, dass es sich um den Gelbschnabel Sturmtaucher handelt, der an der Westküste Afrikas und auf den Kanaren heimisch ist. Diese Vögel sind tagsüber auf dem Meer und kommen nachts an die Küsten, um sich um das Brutgeschäft zu kümmern. Nun weiß man, wenn man die abendliche Ruhe genießt, wo man dran ist. In diesem Zusammenhang ist auch noch zu sagen, dass wir einmal in der Anlage einen Wiedehopf gesichtet haben.

Mittwoch, Botanische Führung

Einmal in der Woche wird vom Hotel eine botanische Führung durch die Anlage Jardin Tecina angeboten. Das macht ein Herr Hans Wellner bereits seit 1990 unter dem Motto "In drei Stunden um die Welt, ohne das Hotel zu verlassen". Dazu gibt es ein bebildertes Merkblatt mit 56 Pflanzen, einer Auswahl aus den 300 tropischen Spezies des Gartens, die aus aller Welt zusammengetragen worden sind. Da ist der Laie schlichtweg überfordert, bzw. schwer beeindruckt. Es gibt hier Bäume, die wir von zu Hause nur als Topfpflanzen kennen. Dazu gibt es zur Entstehung des Gartens und zu etlichen Pflanzen und Bäumen so manche Anekdote. Unser Herr Wellner trägt alles mit Enthusiasmus vor, dabei kommt man allerdings kaum vom Fleck. Auch der Chefgärtner wird der Gästeschar vorgestellt und mit verdientem Applaus bedacht. Als uns schließlich der Kopf schwirrt, setzen wir uns stickum in Richtung Sonnenliegen ab.

Freitag: Eine Golf-Lehrstunde

Mit dem Golfsport haben wir es ja nicht so. Vor allem in südlichen Ländern ist mit der Anlage von Golfplätzen ein hoher Landschafts- und Wasserverbrauch verbunden. Einen golfenden Poolnachbarn haben wir mal gefragt, ob er alle 18 Plätze hintereinander spiele. "Das heißt 18 Loch" hat er mit Entrüstung geantwortet. Oder hat er "Löcher" gesagt? Nun wird auch noch eine sog. "Golf-Demo" angeboten. Stefanie und ich sind neugierig und hoffen, die - wie man hört - herrlich angelegte Golfanlage dadurch näher kennen zu lernen. Man wird an der Rezeption abgeholt und die 300 m zum Clubhaus gefahren. Mit uns ist noch ein Pärchen, die auch vom Golfen keine Ahnung haben. Im Clubhaus müssen wir erst mal jeder 10 EURo für das, was uns erwartet, abdrücken.

Wenig später erscheint ein braungebrannter etwas verwitterter Trainer und sucht Golfschläger aus einem dafür vorgesehenen Arsenal heraus. An uns vorbei fahren die Golfer in ihren Buggies zu den Löchern oder Lochs oder Plätzen, denen können wir nur sehnsüchtig nachblicken. Stattdessen werden wir zum Übungsplatz für den Abschlag geführt. Golfbälle liegen eimerweise bereit.

Unser Mitstreiter mit seinem T-Shirt wird nun noch darauf hingewiesen, dass er beim nächsten mal besser ein Hemd mit Kragen tragen sollte. Soviel zur Etikette.

Bevor man anfangen kann, wird zuerst erklärt, wie der Griff und die Fingerhaltung am Golfschläger vorgenommen werden muss. Das ist schon einigermaßen kompliziert. Zeigefinger der oberen Hand und kleiner Finger der unteren Hand müssen verschränkt werden - oder so ähnlich. Der richtige Griff sei wichtiger als der richtige Schwung. Die ersten Abschläge gehen dann auch mehr oder weniger in die Hose, meistens schlägt man voll in den Boden. Durch eine Kunststoffmatte kann aber keiner Rasennarbe Schaden angetan werden. Ließe man also Anfänger wie uns auf einen gepflegten Golfplatz los, würde der bald einem aufgewühlten Acker gleichen. Daher gibt es eine sog. Platzreife.

Nachdem uns schließlich der eine oder andere Abschlag unseren Fähigkeiten entsprechend gelungen ist, verspürt man allmählich krampfartige Beschwerden in den Händen mit den verschränkten Fingern und so und wir belassen unseren Karrierestart dabei. "Wir sehen uns dann bei einem internationalen Turnier wieder" verabschiedet uns der Trainer. Man hätte Talent - das hört man gern! Zurück gehen wir die 300 m zu Fuß und sind froh, als wir wieder auf unseren Sonnenliegen Platz nehmen können.

Samstag, Sonntag, Rückreise

Für Stefanie ist schon der Samstag Abreisetag. Durch ihre viele Touren ist sie nun bekannt wie ein "bunter Hund", und es finden sich etliche Gäste, die ihr Adieu sagen. Da hat doch einen Abend beim Abendessen ein Herr vom Nachbartisch uns angesprochen: "Ich muss ihnen einmal sagen, was sie für eine entzückende Tochter haben". Dagegen haben wir nichts einzuwenden. Mit vielem Winken wird nun Abschied genommen, als der Bus entschwindet.

Am Sonntag ist unser Abschied gekommen. Das Wetter hat sich geändert, es ist diesig und ungewohnt heiß. Afrikawetter heißt es - und das ist hier berüchtigt. Wir werden mit dem Taxi abgeholt. Ein mitfahrendes Ehepaar erzählt noch eine haarsträubende Geschichte. Da hätte man in San Sebastian schwarzhäutige Menschen gesehen, alle wie tot auf der Straße liegend, von Hilfskräften mit Wasser versorgt. Das seien Insassen eines Flüchtlingsbootes aus Afrika gewesen. Das sind Dinge, die man als Pauschaltourist nur selten mitbekommt, dafür sorgen auch die ansässigen Institutionen, die an keiner Beeinträchtigung ihrer Haupteinnahmequelle - dem Tourismus - interessiert sind.

Bei drückender Hitze fahren wir schließlich mit der Fähre gen Teneriffa, La Gomera verschwindet im Dunst. Als sich einige Leute aufgeregt gestikulierend an der Reling versammeln, kann man sie endlich beobachten, die Delfine. Einen sehen wir springen, und das war es auch schon. Nach langen Wartestunden am Flughafen, einem normalen Flug und ordnungsgemäßen Nightliner-Abholdienst in Hannover erreichen wir wieder unser kaltes Zuhause. Man freut sich auf den Urlaub - und man freut sich, wenn man wieder zu Hause ist!