Reise nach Molivos, Lesbos
28.9.-12.10.2011

Planung und Anreise

Nachdem nach einem weniger gelungenen Sommer die Freibäder Minuseinnahmen erzielt haben, fragt man sich, wo man im Frühherbst noch ein wenig Sonne tanken kann. Wir rufen dann einfach unsere Freundin Ilona im Reisebüro Bokelmann in Goslar an, und wenig später bekommen wir einige Angebote und Vorschläge, die man sich zunächst im Internet zur Prüfung ansehen kann.  Wir hatten diesmal die Ägäis im Auge, und so steht alsbald ein kleineres Hotel auf Kos oder eine zum Hotel umgebaute ehemalige Olivenpresse in Molivos auf Lesbos zur Diskussion. Da entscheidet man sich spontan für die Olivenpresse. "Das habe ich mir gleich gedacht" sagt unsere Ilona dann auch. Nachdem man sich einen Reiseführer besorgt hat, kann man nachlesen, dass der Ort Molivos der schönste auf Lesbos ist. Man hat dort seit 50 Jahren Denkmalschutz betrieben und so ist nichts verbaut oder durch unansehnliche Hotelkästen verunstaltet worden. Eine Ansicht von Molivos ziert sogar das Titelbild des Lesbos-Reiseführers. Das sind ja gute Aussichten.

Am Mittwoch dem 28.9. werden wir um 8.30 vom Nightliner abgeholt, allerdings hat dieser zunächst unsere Adresse auf seinem GPS nicht finden können, obwohl wir unseres Wissens nicht im Tal der Ahnungslosen wohnen. Von Hannover fliegen wir mit Air Berlin nach München, von wo dann vier Stunden später der Flug nach Mytilini, Lesbos losgeht. Dazu kommt noch eine Stunde Verspätung und eine Stunde Zeitverschiebung, sodass man erst gegen 21.00 Uhr ankommt. Von dort der Bustransfer, der überraschender Weise auch über 1 1/2 Stunden dauert. Aber schließlich ist Lesbos die drittgrößte griechische Insel nach Kreta und Euböa, wer hätte das gedacht?

Die Empfangsdame vom FTI-Reisedienst heißt Lada und kommt aus Tschechien. Sie teilt gleich mit, dass sie ab morgen nicht mehr zur Verfügung steht, weil die Saison für sie zu Ende ist. Aber im Bus erklärt sie uns allerhand, was man nun im Dunklen nicht mehr sehen kann. Angesichts der ausführlichen Informationen hätte man sich die Reisebroschüre fast sparen können. Endlich angekommen in Molivos werden wir zu Fuß zum Hotel Olive Press geleitet, weil die Zufahrtgasse für den Bus zu eng ist. Die Koffer werden von einem Taxi gebracht. Insoweit ist der Service vorbildlich.

Anmeldung an der Rezeption, und dann zu unserem Zimmer ausgehend von einem idyllischen Innenhof. Und da rauscht das Meer, dessen Wellen unmittelbar unter dem Zimmerfenster an die Kiesbank vor der Hauswand schlagen. Wir werden uns schnell daran gewöhnen. Falls es mal zu laut wurde, kann man die Fenster schließen, die gut schallisoliert sind. Wir bekommen noch einen Imbiss und machen zu guter Letzt einen kleinen Rundgang um das Haus herum, vergeblich nach dem Swimmingpool suchend. Aber da werden wir noch positiv überrascht werden.

Faule Tage und ein nächtlicher Zwischenfall

Am nächsten Tag lacht der Himmel und das Frühstück wird in der Sonne eingenommen, mit Blick auf das Meer, die sich nach Westen erstreckenden Berge und die oberhalb verschachtelten Häuser am Berghang mit den Resten einer Burg aus byzantinischer Zeit oben drauf. Nachts wird das ganze angestrahlt und bietet einen schönen Anblick.

Ein erster Gang in den Ort. Da führt von der Küstenstraße eine Gasse schräg hinauf, die nennt sich Agora und allerlei Restaurants und Geschäfte sind dort zu finden. Die Restaurants haben fast alle eine Terrasse zum Meer hinaus, wo man eine prächtige Aussicht hat. Die Agora wird zum Teil von einem grünen Blätterwerk von Rankenpflanzen überdacht und das ist sehr romantisch. Man kann sich vorstellen, dass es hier eng wird, wenn Busladungen oder gar Kreuzfahrtschiffe die Menschenmassen auf diesen Ort loslassen. Aber jetzt anfangs Oktober ist bereits auslaufende Saison, da geht es gemütlicher zu. Wir konzentrieren uns schließlich auf einen Supermarkt, denn in unserem Zimmer haben wir einen Kühlschrank entdeckt, sodass man Retsina-Wein oder Mythos-Bier wohltemperiert für den Abend deponieren kann.

Nun bei Tageslicht ist das Poolgelände schnell gefunden. Umstanden von Platanen und hauptsächlich Tamariskenbäumen findet jeder einen Platz auf den Liegen, ob im Schatten oder in der Sonne, auf Rasen oder Sand. Der Zugang zum Meer ist nicht ganz so komfortabel, da geht es über grobe Steine ins Wasser. Mit Badeschuhen geht es einigermaßen, bei stärkerem Seegang sollte man sich jedoch überlegen, ob man auch wieder heil rauskommt - wie zu beobachten war. Die Wassertemperaturen liegen im Meer und im Pool so bei 20 Grad, das ist auszuhalten.

Für Lesestoff ist auch gesorgt. Neben den mitgebrachten Büchern ("Die Drachenläufer" von  Khaled Hosseini) findet man in der Hotelhalle einen Stapel abgelegter Schwarten mit z.T. durchaus lesenswerten Exemplaren wie "Das Jadepferd" von Stefanie Burow, "Schändung" von Adler Olsen, "Abduction" von Robin Cook oder "The Poison Tree" von Erin Kelly. Alle Bücher sind sehr fesselnd und wir fragen uns, ob wir irgendwann noch sonst etwas von der Insel zu sehen bekommen. Um die Ecke von unserem Hotel finden wir aber eine Reiseagentur mit Neckermann, TUI oder Thomas Cook Vertretung, wo man die letzten Tagestouren bei Sandra, einer Dame aus Holland buchen kann. Eine Village Tour, für die wir uns entschieden hatten, wurde mangels ausreichender Teilnehmerzahl allerdings nicht mehr durchgeführt. Aber die Tour in den Westen der Insel hat es dann noch gegeben, wie wir später sehen werden.

In der zweiten Nacht ereignet sich dann ein lustiger Zwischenfall. Als Heidi einmal nicht schlafen kann, begibt sie sich auf den Innenhof, eine rauchen. Die Zimmertür bleibt angelehnt. Aber der Ehemann hat auch seine Bedürfnisse a'la "müssen müssen". Warum ist aber die Zimmertür nicht zu? Da hat man wohl am Abend nicht aufgepasst, also zu die Tür - Ordnung muss sein. Dann wird weiter geschlafen, das Meer säuselt und planscht und dämpft alle anderen Geräusche. Heidi ist inzwischen draußen auf einen Herrn aus den Niederlanden gestoßen, der auf den frühmorgendlichen Abholtransfer zum Flughafen wartet. Seine Freundin habe ihn aus dem Zimmer geschmissen - warum auch immer. Angesichts dessen trauert er nun seiner Frau und den zwei Kindern nach, die er leichtsinnigerweise wegen dieser Freundin verlassen hat. Ein Fläschchen Ouzo hat er auch dabei, das wird brüderlich geteilt, bei all dem Leid. Heidi hat nach einer Weile auch ein Problem: wie kommt sie wieder ins Zimmer? Zum Glück ist das "Fenster zum Hof" (Titel eines Hitchcock Krimis) offen und es findet sich ein Stuhl. So kann man auf einigermaßen bequeme Weise durch das Fenster klettern. Der Ehemann hat von allem nichts gemerkt. Dem wird das ganze erst am nächsten Morgen erzählt. Dunkel kann er sich nur an das eigenmächtige Schließen der Tür erinnern....

Eine weitere Episode lässt sich vom Poolgelände berichten. Da gibt es zwei Herren aus Deutschland, von denen sich einer auch unter Wasser betätigt. Und da bringt er eine Tüte mit Seeigelhüllen und ein paar Muscheln mit. Als die beiden Herren mal kurz weg sind, mache ich schnell ein Foto. Heidi dagegen fragt die beiden Herren kurzerhand aus. Ja, die Seeigel wären schon tot, und man finde sie nur an bestimmten Stellen, die man kennen müsse. Ob sie einen für unsere Enkelin bekommen könne, fragt Heidi. "Ja, gern". "Und mein Mann hat auch schon ein Foto gemacht", fügt sie noch an. Das war vielleicht ein Fehler, denn sonderbarerweise würdigen uns die beiden Herren ab da keines Blickes mehr. Was nicht so ganz einfach war, denn der eine davon ist uns ständig und bis zu guterletzt über den Weg gelaufen. Erst nach dem Rückflug auf dem Weg zur Toilette am Flughafen München haben wir ihn aus den Augen verloren. Und unserer Enkelin konnten wir keinen Seeigel mitbringen. Aber vielleicht haben die ja auch gestunken.

Hunde und Katzen

Wenn man sich zum Frühstück und zum Abendessen am Tisch zurechtsetzt, wird man sogleich von einer Schar Katzen belagert. Auch der eine oder andere Hund gesellt sich zuweilen dazu. Bald schon kennen die einen persönlich - besonders Heidi. Während die nette Bedienung namens Gabi sich mit Besenstiel oder wedelnden Handtüchern bemüht, die Belagerer zu vertreiben, wickelt Heidi heimlich Käse- und Wurstbrocken in Servietten ein, und die Abnehmer lassen trotz der Vertreibungsversuche nicht lange auf sich warten. Eines der kleinsten Kätzchen - die nennen wir mal Knurrhahn - ist am angriffslustigsten und behauptet seine Beute fauchend gegenüber den größeren Katzen, sogar gegen die Hauskatze, die sonst das Sagen hat.

Was die Hunde angeht, schließen wir zunächst Freundschaft mit einem kleinen braunen Hundemädchen, das allerdings aufdringlich von einem weißen Hund, den wir Oskar nennen, ständig sexuell belästigt wird. Zwar weiß sich das Hundemädchen zu wehren, ist dann aber in den weiteren Tagen nicht mehr erschienen. Obwohl die Hunde zumeist ein Halsband tragen, weiß man ja nicht ob sie ein zu Hause haben. Wir können es nur hoffen. Auf der Küstenstraße sieht man zuweilen ganze Hundebanden, die geschäftig dahinstreben und mächtig viel zu tun haben. Einen Hund stellen wir nun besonders vor, wohl eine Dalmatinermischung mit einer schwarzen Augenpartie, deswegen bekommt er den Namen Pirat. Der hat uns einige Male begleitet und uns auch bei den Mahlzeiten oder am Pool einen Besuch abgestattet.

Die Burg

Hoch über der Stadt thronen die Reste einer byzantinischen Burg. Deren Besuch ist obligatorisch und irgendwann raffen wir uns dazu auf. Man geht einfach die Agora hinauf. Gleich am Anfang ist ein eigenartiges Gebäude wie ein Silo oder Turm. Vielleicht eine Zisterne. Schön sind auch die spriralartigen Stämme der Bäume, deren Ranken die Agora überdachen. Über ein paar verschachtelte Gässchen erreicht man schließlich die Burg. Da heißt es Eintritt zu bezahlen, aber zuvor wird man gefragt "How old are you?". Nach erfolgter Antwort braucht man nur 1 EURo zu bezahlen, das ist aber kein Studenten- sondern ein Senioren-Rabatt. Die Burg ist wohl über die Jahrhunderte wie so viele Altertümer als Steinbruch benutzt worden, es stehen nur noch die Umfassungsmauern. Im Burghof befindet sich eine Tribüne für Aufführungen. Ringsum hat man eine prächtige Aussicht. Auf dem Rückweg begegnen wir noch einem Esel, der wohl die hier etwas abgelegen wohnenden Einwohner beliefert.

Der Hafen

Der zweite obligatorische Gang führt zum Hafen. Beim Abendessen haben wir schon eine Weile den kleinen Fischerbooten zugeschaut, wie sie vor einem malerischen Sonnenuntergang mit anschließend sich rosa bis violett färbendem Abendhimmel ein und aus liefen. Höhepunkt war das Kreuzfahrtschiff Minerva, da eines Nachmittags am Horizont erschien und in der Bucht ankerte. Vom Zimmerfenster ließ sich ein schönes Foto machen. Am Hafen befinden sich eine Menge Restaurant und Tavernen, wo man schön sitzen kann. In der Saison geht es hier sicher recht lebhaft zu. Ein paar Fischerboote liegen an der Mole, alles so, wie man sich einen Fischerhafen vorstellt. Tagsüber sieht man zuweilen aber ein größeres Schiff, das gemächlich am Horizont hin und her fährt. Wir vermuten, dass es sich dabei um die Schleppnetzfischerei handelt, die im Sommer nicht erlaubt, aber ab Oktober wieder gestattet ist. Das ist vielleicht weniger romantisch, vor allem für die Fische.


Fortsetzung Reisebericht
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