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Ostermontag

Wir haben den Tag ganz unverbindlich geplant, vielleicht mal eine der preiswerten Einkaufsfahrten? Gegen 9.30 Uhr begeben wir uns vor das Hotel, wo die Busse zum Einsammeln der Gäste immer langfahren. Vor dem Hotel steht ein weiteres Ehepaar, die wollen an der gleichen Fahrt teilnehmen und sind schon angemeldet. Wir werden auch mitgenommen, "auf Verdacht". Der Bus wird auch ziemlich voll. Es steht später in der Zeitung, daß die Mallorquiner Geschäfts- und Restaurantbetreiber etwas gegen das Unwesen der Werbefahrten unternehmen wollen, weil diese zu viele Leute aus dem Verkehr ziehen, geradezu als Straßenfeger wirken.

Eine Dame namens Erika, sie kommt aus Rosenheim, begrüßt uns mit leicht bayrischem Akzent und gibt in der Folge recht informative Hinweise zu bemerkenswerten Sehenswürdigkeiten links und rechts der Strecke. Die berühmteste Geschichte ist wohl die von dem aragonischen König Jaime I., der im Jahre 1229 Mallorca von der maurischen Herrschaft zurückerobert hat. Ausruhend von seiner schweren Tätigkeit soll er nach einem sättigenden Mahl den Ausspruch getan haben "Ich habe gut gegessen", in seiner Sprache "Bendinat". Daher hat das Schloß, das an dieser Stelle steht und rechts hinter den Busscheiben vorbeihuscht, seinen Namen bekommen. Viele Hotels heißen dann auch Hotel Jaime Premero oder so.

Wir fahren durch das zentrale Inselland, alles ist eben und intensiv landwirtschaftlich genutzt. Links begleitet uns die Bergkette der Sierra von Tramontana. An den Orten Santa Maria del Calmi, Binisalem oder Inca fährt man nur vorbei. Bei Sa Puebla wartet die Spinne im Netz. Auf einer wohl eigens für Werbezwecke betriebenen Finca werden den Gästen Kuchen und Sangria kredenzt, mit einem Blick sieht man, um was es geht: hinten an der Wand ist lauter Bettzeug ausgestellt.

Dann erscheint ein kregler Alleinunterhalter namens Dieter, der ist aus Bielefeld und schon 7 Jahre auf der Insel. Ob er die ganze Zeit in Sachen Betten tätig war, verrät er uns nicht. Am Anfang seines Vortrags bricht er schon mit einem der Betten zusammen, weil ein Holzbrett nicht richtig angenagelt ist. Dann legt er einen Eiswürfel in eines der Betten, einen anderen auf eine Untertasse auf einem der Tische, wo die Leute sich im wesentlichen mit dem Sangria und dem Gebäck beschäftigen. Was das mit dem Eis wird, kann man sich ja schon denken...

So fängt das schon ganz witzig an, im wesentlichen geht es gegen die Federbetten im allgemeinen, die unser aller Unheil (Rheuma, Schmerzen, Allergien, Hitzestau...) mit sich brächten. Mit den atmungsaktiven Schaf- oder Lammbetten aber sei - in dem etwas verlebten Gesicht von Dieter geht die Sonne auf - allem Übel ein Ende gesetzt usw. Dann macht er ein paar Leute weniger freundlich an, weil sie zu auffällig zur Uhr geguckt haben. Darauf gehen diese raus aus der Veranstaltung: "Das wird uns zu persönlich". Später sagt Heidi: "Was sind die pingelig, man weiß doch, was einen da erwartet...". Sie wird noch Gelegenheit haben, diesen Spruch zu überdenken !

Zum Schluß seiner Darbietungen gießt der Dieter das Wasser des geschmolzenen Eiswürfels von der Untertasse und holt thriumphierend den noch unversehrten Eiswürfel aus dem isolierenden Bett. Wegen der angespannten Stimmung wagt keiner zu fragen, ob einem das zur Winterzeit mit eisigen Füßen auch so ergehen würde.

Zum Abschluß der Werbestunde wird eine Tombola durchgeführt, die besteht aus drei Flaschen Wein und nicht wie angekündigt, einer Reise in die Eiffel mit dem Bagger oder einer Traumreise in die Seychellen mit dem Schlauchboot - ach, wie ist das alles lustig. Dieter ist weniger lustig, denn er hat anscheinend nichts verkauft. Aus dem Nebenraum, wo eine andere Busgesellschaft in Arbeit ist, hört man, daß der Vortragende recht pampig wurde ob des mangelnden Interesses seiner vermeintlichen Kunden.


Bunyola

Nostalgiebahn

Schließlich sitzen wir wieder im Bus und nun geht es unbeschwert weiter auf die Rundfahrt. Gleich neben der Finca liegt eine kleine Kapelle, die dadurch ausgezeichnet ist, daß dort der Sänger Peter Maffay geheiratet hat. Sowas kommt bei den Touristen an! Wir fahren nun bis Bunyola, einem verträumten Ort zu Füßen der Sierra Tramontana. Ein paar Augenblicke dürfen wir uns die Füße vertreten, dann steigen wir um in die berühmte Nostalgiebahn von Palma nach Soller. Das kurze Stück mit der Bahn durch die Berge ist recht beeindruckend, wenn man nicht gerade durch einen Tunnel fährt.

Aussichtspunkt Über Soller

Nach dem letzten Tunnel hält der Zug: Fotostop. Unten im Kessel sieht man das goldene Tal von Soller in seiner ganzen Schönheit liegen. Vor Bestehen der Eisenbahnlinie war dieses Tal nur über einen schwierigen Bergpaß erreichbar. Von dieser Abgeschiedenheit kann man heute nur noch träumen.

Wir steigen wieder in den Bus um. Dieser bringt uns weiter über abenteuerliche Kurven hinauf auf die Steilküste. Olivenhaine und Steinmauern ziehen sich an den Berghängen bis 600 m hin. Tief unten liegt blau das Meer (was soll es auch sonst machen). Auf halber Höhe befindet sich eine Villa, die gehört nebst einer echt mallorquinischen Ehegattin dem Schauspieler Michael Douglas. Da gucken aber alle!


Deya

Der nächste Ort ist Deya. Das ist ein Künstlerort, wer hier lebt, ist automatisch ein Künstler. Auch Picasso soll hier schon rumgelaufen sein. Über den Ort haben die Einwohner selbst einen Baustop verhängt, sicher eine kluge Entscheidung. Leider kann man hier mangels Parkplatz nicht anhalten. Stattdessen wird der ehrfürchtigen Menge alles über die Fernsehserie Hotel Paradies erzählt. Deya war einer der Hauptdrehorte.

Doch man hat diese Serie nicht nur an einem Ort gedreht. Von dem einem Hotel sind die Außenaufnahmen, in einem anderen Etablissement (Hotel Formentor) entstanden die Innenaufnahmen, wieder woanders hat man den Strand entnommen, und so etwa in entgegengesetzter Richtung sich der Bergwelt bedient. Das alles zusammmengesetzt bildet die Scheinwelt von Hotel Paradies. Mit den Einkünften aus diesen Märchenfilmen können sich die Beteiligten dann ein solches Leben ermöglichen, wovon der Inhalt ihrer Filme handelt. D.h. diese Leute verfilmen sich praktisch selbst und der Fernsehzuschauer bezahlt es. Wir werden noch sehen...

Nun kommt doch noch ein Aufenthalt, weil ein geeigneter Parkplatz vorhanden ist. Es handelt sich um das Landgut Son Marroig des Erzherzogs Ludwig Salvator. Auch die Kaiserin Sissy, bekannt durch Romy Schneider, hat dieses Landgut besucht.


La Foradada

Unten am Meer liegt die eigentliche Sensation, ein Felsen mit einem Loch drin, bekannt von vielen Reiseprospekten. Der heißt, wie alle Lochfelsen auf Mallorca La Foradada. Die Fotoapparate klicken. Es geht die Fama, daß wer als Mann am einen Ende des Felsloches hineingeht, am anderen als Weiblein wieder herauskommt. Ausprobieren kann man das nicht, weil der Felsen da ganz tief unten in der uns verfügbaren Zeit nicht erreichbar ist.

Die Rückfahrt führt - wieder ohne Halt - über Valdemossa, wo in dem Kartäuserkloster die Dichterin George Sand mit einigen Kindern und dem Komponisten Frederic Chopin im Jahr 1838 ein paar Monate durchlitten hat. Angeblich lesen die Mallorquiner die darüber verfaßte Abhandlung Ein Winter auf Mallorca nur ungern, denn da wird kein gutes Haar an den Einheimischen und deren Lebensart gelassen. Es verkauft sich besser, das Kloster in ein Liebesnest umzutaufen und die Affäre mit einem romantischen Flair zu umgeben, das törnt die Touristen besser an.


Valdemossa

Vegetation

So rauscht die Landschaft um Valdemossa außerhalb unseres Busses vorbei. Den Rest der Fahrt nutzt unsere Reisebegleiterin, den Gästen ein Öl aufzuschwatzen, das für und gegen alle gesundheitliche Gebresten einsetzbar sein soll. Damit macht sie gute Absätze. Beim Busfahrer kann man dagegen Videokassetten über die Schönheiten Mallorcas erstehen. Nach Abladen der Leute in Santa Ponsa und Paguera ist die Tour zu Ende, man wird zur Teilnahme an einer weiteren Werbefahrt eingeladen, es müssen ja nicht wieder Betten sein...

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