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Donnerstag, 1.7.

Badewetter - keine Wolke am Himmel! Welchen See werden wir geruhen, zum Baden zu erwählen? Wir entscheiden uns für den Plauer See, am Lenz, wo wir am Vortag schon vorbei kamen. Mit den unbepackten Fahrrädern sind wir ungeheuer mobil, wir fahren diesmal nicht die Straße, sondern den Wanderweg entlang am Malchower und Petersdorfer See. Landschaftlich herrlich, fahrradmäßig eine Geschicklichkeitsprüfung. Am Lenz breiten wir unsere Isomatten aus, der Plauer See ist ein blauer See, das Wasser durchsichtig.


Der Plauer See
Als wir uns so richtig in unsere frisch erworbenen Bücher vertieft haben, erscheint eine fünfköpfige Motorradrotte auf der Bildfläche. Helmvermummt, in Leder gerüstet, schreiten sie wiegenden Schrittes einher und schlagen neben uns ihr Lager auf. Aus Köln kommen die, der Kopf brummt ihnen noch von der gestrigen Sauferei, wie man hört. Als sie sich aus ihren Monturen geschält haben, sehen sie in ihren Badehosen und bleichen Körpern nicht gerade wie Machos aus. Nur zwei sind ganz kaputt, die bleiben gleich in ihren Rüstungen und legen sich in der prallen Sonne zum Schlafen nieder.

Desweiteren drehen sich die Gespräche um das fachgerechte Bremsen, technische Datails der Motorradszene oder über überstandene Unfälle Ab und zu sagt auch schon mal einer "Schön hier, woll". Da sich die Ritter der Landstraße ansonsten anständig benehmen, stören sie uns nicht, lenken nur vom Lesen ab. Gegen Schluß der Vorstellung läßt einer einen Furz, ich gucke weg, weil ich Angst vor Heidis Lachanfällen bei solchen Gelegenheiten habe.

Dann erscheinen um die Mittagszeit ein paar Straßenarbeiter, die verzehren ihre Currywürste inmitten der Ledermonturen auf dem Imbißtisch. "Du sitzt auf meinem Platz" sagt der eine zum anderen. "Hier sitze ich schon seit gestern" antwortet der. Schade, daß die nicht Platt sprechen. Nun raffen die Motorradfahrer ihre Klamotten zwischen den kauenden Straßenarbeitern zusammen und rüsten sich wieder auf. Bald schon hört man die auffauchenden Maschinen der Lederhelden, wie sie lässig die Gänge einlegen und mit hochaufragendem Gesäß um die nächste Kurve gen Malchow entrauschen.

Wir klappen unsere Unterkiefer wieder hoch und erfrischen uns nun auch mal im Wasser. Ich gehe raus, soweit ich stehen kann, das ist schon fast eine Wanderung. Wenn man dann noch ein wenig schwimmt, ist man fast schon in Plau auf der anderen Seite. So kommt es einem vor.

Die Sonne tut das ihre, ich werde immer röter, vor allem im Gesicht. Auch das Eincremen hilft nicht mehr, es ruft eher den Eindruck einer polierten Tomate hervor. Wir fahren wieder die normale Straße zurück, freuen uns auf den Abend auf unserer Terrasse.

Heute essen wir im Deutschen Haus, Heidi wählt Rinderbraten, ich versuche mich erfolgreich an einer gebratenen Forelle, die kaum auf den Teller paßt. Im Lokal herrscht Hochbetrieb. Unsere Kellnerin ist ein echtes Original. Sie muß alles allein bewältigen, das hebt ihre Originalität erst hervor. Grauer Bürstenschnitt, die Schultern hochgezogen, eilt sie trotz einiger Fülligkeit behende von Tisch zu Tisch. Ein leeres Bierglas reißt sie einem aus der Hand, der Nachschub wird nicht weniger aprupt auf den Tisch geknallt. Alle Gäste amüsieren sich schon. Die Stufe zum Innenraum des Lokals nimmt sie jedesmal anders, mal mit dem Mittel- mal mit dem Vorderfuß, mal links, mal rechts, das Tablett balancierend.

Wieder "zu Hause", wie man in solchen Fällen immer gern sagt, lassen wir uns aufatmend auf "unserer" Terrasse nieder. Müllers haben etwas vor, und das ist das Grillen von einigen Lachsforellen am nächsten Abend. Ob wir, die jungen Leute, wie sie sich ausdrücken, auch Lust dazu hätten. Da sind sie an die richtigen geraten. Lachsforelle gegrillt, ein Traum.

Nachdem das geregelt ist, fläzt sich Heidi vor den Fernseher, ich will auf der Terrasse noch mein "Damals in Mecklenburg" weiter genießen. Da habe ich mich geschnitten. Aus der Ruhe wird nichts. Ein Nachbar hat sich in den Kopf gesetzt, das Dach seiner Wellblechdatsche mit einer Hochdruckspritze einer gründlichen Reinigung zu unterziehen. Nachdem er das erste Mal das Dach abgespritzt hat, fängt er wieder von vorne an. Wenn er mal eine Pause einlegt, empfindet man die Ruhe, Hoffnung keimt auf. Aber dann geht es gleich wieder los, ich bin den Tränen nahe, verfluche alle Baumärkte der alten und der neuen Bundesländer, suche bei Heidi vor ihrem Fernseher Trost. Aber der spannende Western mit häufigen Schußwechseln, unterbrochen von Werbeeinlagen vermittelt auch nicht die reine Form der Abendruhe.

Als es dunkel wird, und das ist gegen 22 Uhr, ist dann endlich die Sache überstanden. Nun wird es aber kalt draußen, nach einer Weile muß ich mich von meinem Mecklenburgroman trennen und bibbernd das warme Bett aufsuchen.

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