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Dienstag, 25.7. Lüder - Satemin 50 km

Nach den zwei Tagen sind wir nun schon unmittelbar vor dem Wendland und freuen uns nun auf die Landschaft. Das Frühstück auf dem Bauernhof ist entsprechend gut, sodass auch noch einiges für unterwegs eingepackt werden kann. Bei schönem Wetter, leider leichtem bis mittelstarkem Gegenwind geht es erstmal über Schafwedel an einen Grenzübersichtspunkt. Das ist zwar eine Sackgasse, aber ein Grenzer freut sich offensichtlich über die Abwechslung seines langweiligen Dienstes und beteiligt sich interessiert an unserem Rastaufenthalt. Leider kann ich die Landjäger nicht finden, die ich von zu Hause mitgebracht hatte, sie haben sich auch im weiteren Verlauf der Fahrt nicht wieder angefunden, müssen also im Heuhotel verblieben sein.

Weiter geht es auf verkehrsarmer Strasse, kleine Berge würzen die Mühen, gegen den Wind zu fahren. Eine Mutter mit Sohn teilt unser Los, irgendwann überholen wir sie, während sie in der prallen Sonne an einem Feldrand Rast machen. Die Orte, die wir passieren, besitzen weder Geschäfte noch Lokale, sodass wir unsere Vorräte zunächst einmal nicht ergänzen können. So müssen wir uns nach Bergen an der Dumme durchschlagen, wo inzwischen die Geshäfte aber über Mittag geschlossen sind. In einem gemütlichen Imbisslokal können wir uns aber ausreichend stärken. Eine bereits dort speisende Radfahrergruppe kommt aus Hankesbüttel und will weiter nach Lüchow. Danach kommt ein Knabe an unseren Tisch, der zwar Sprachschwierigkeiten hat, sich ansonsten bei der Vergabe von guten Ratschlägen, Aufzählung sämtlicher einschlägiger Storchennester samt Belegungszahlen usw. nicht genugtun kann.

Wir brechen schliesslich auf und versuchen, an der nächsten Telefonzelle ein Quartier zu sichern. Das gestaltet sich unerwartet schwierig. Nachdem fast alle Groschen verbraucht sind, habe ich noch immer keinen Erfolg, weil überall belegt ist. Endlich findet sich zumindest ein Doppelzimmer auf dem Reiterhof Henke in Satemin. Das ist natürlich ganz toll, da Satemin das wohl schönste Rundlingsdorf im Wendland ist. So bestelle ich gleich zwei Übernachtungen, da ist auch der von einigen gewünschte Ruhetag gesichert.

Jetzt haben wir massig Zeit und können so richtig bummeln. Erst verläuft die Strasse etwas eintönig, mit dem Gegenwind ist auch nicht zu spassen, aber die Sonne kommt einem dadurch nicht ganz so heiss vor. In Luckau gibt es wieder einen Höhepunkt in Gestalt eines Storchennestes auf einem Telegrafenmast mitten auf dem Dorfplatz. Dort lassen wir uns nieder und gucken den Störchen beim Klappern zu. Mehrere Tageswanderer auf Rädern trödeln an uns vorbei.

Es geht weiter in das erste schöne Rundlingsdorf Schreyahn, hier treffen wir auch auf eine Familie, die noch kein Quartier hat. Diesmal sind wir nicht so albern. Zu guter Letzt noch ein paar km auf der Strasse Richtung Lüchow, dann kommt auch schon die Abzweigung nach Satemin und wir sind wenig später am Ziel. Stefanie sorgt unauffällig dafür, dass sie als erste das Ortsschild passiert.

Uns wird zunächst ein Zimmer in einem wunderschönen Haus am Dorfplatz zugewiesen. Später erhalten Annika und Stefanie noch ein eigenes Appartment auf dem Gelände der Töpferei. Nachdem wir uns eingerichtet haben, machen wir einen Rundgang, was bei der Form des Dorfplatzes naheliegend ist. Wir besichtigen den Friedhof und die Kirche, die ausserhalb des Dorfes liegen, leider kann man in die Kirche nicht hinein. Also geht es wieder zurück. Beim Studium der Inschriften an den Giebeln der Häuser wundern wir uns, wie man diese im 19. Jahrhundert nach einer Feuersbrunst alle innerhalb eines Jahres wieder aufbauen konnte. Darüber haben wir uns auf einem früheren Besuch in Satemin vor ein paar Jahren auch schon gewundert, und das nächste Mal wundern wir uns sicher wieder darüber.

Im Wendland
Am anderen Ende des Dorfes befindet sich ein Restaurant namens Lukullus, auf den ersten Blick taxieren wir mit Erschrecken dessen Preisniveau. Wie das im Wendland aber so ist, befindet sich die nächste Kneipe nicht gleich um die Ecke. So müssen wir uns fügen und nach verstohlenem Zählen der restlichen Geldscheine anhand der Speisekarte ausrechnen, was wir uns leisten können. Es reicht für zweimal Sommerroulade, einmal Tortellonis und für Stefanie eine Hühnerbrühe. Schliesslich gilt es, die Salatbeilage in Menge und Zusammenstellung selbst am Buffet vorzunehmen. Als das besorgt und bereits halbverzehrt ist, eröffnet uns die Bedienung, dass die Sommerroulade infolge überraschenden Touristeneinfalls in der Mittagszeit nicht mehr verfügbar ist. Jetzt kommt sogar noch der Chef, Dr. Antonio de Munzio, und bedauert die Geschichte. Dafür bietet er uns ein anderes, sonst teureres Gericht zum gleichen Preis an, das noch gar nicht auf der Karte steht, erzählt uns seine halbe Lebensgeschichte und läd uns für nach dem Essen zu einem Gläschen ein. Während wir so tun, als ob wir alte Lokalgeniesser seien und noch eine Menge Leute kennen würden, denen wir das Lokal empfehlen könnten, holt er einen Stapel Visitenkarten heran, die künftig unser Fahrradgepäck vermehren helfen.

Endlich kommt das Essen, leider ist mir der Name des Gerichts nicht mehr erinnerlich, was es war, weiss ich auch nicht mehr, nur gut geschmeckt hat es, ist alle geworden und war sündhaft teuer. Nachdem wir dann gezahlt haben und die Geldbörse leer ist, erwischt uns Dr. de Munzio doch noch, um uns das Innere seines Lokals zu zeigen. Nachdem wir erst die Toiletten, dann die Einrichtung, die Musikberieselung (nur Klassik) usw. bewundert haben, kommen wir an die Theke zu sitzen und bekommen unseren Likör (für mich trocken). Aufatmend verlassen wir endlich das Lokal und besorgen uns auf dem Reiterhof erstmal ein paar Bier auf Rechnung für den Rest des Abends.

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