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Sonntag


Akropolis von Lindos
Heute haben wir eine Fahrt nach Lindos geplant, weil am Sontag dort der Eintritt frei sein soll. Lindos ist ein kulturschwerer Ort, von dort aus hat sich in grauer Vorzeit die Besiedelung der Insel vollzogen. Heute gibt es dort noch den Ort in seiner ursprüglichen fast orientalisch anmutenden Form, darüber thront die Ruine der Johanniterburg, in deren Mauern wiederum die Reste des Athena Heiligtums, auch als Akropolis bezeichet, befinden. Auf den einschlägigen Ansichtskarten oder in den Reiseführern kann man sich hinreichend vorbereiten, beim Du Mont Kunstführer bildet Lindos das Titelbild.


Lindos
"Der schönste Ort der Insel" liest man überall, und das stimmt sicher und spricht sich rum.

Wir warten auf den Bus, der um 10 Uhr fahren soll. Aber weil Sonntag ist und man gerade auf die Sommerzeit umgestellt hat, sind wir da noch nicht so sicher. Ein kulturbeflissenes Ehepaar, mit denen wir schon ein paar Worte gewechselt haben, gesellt sich aber schließlich noch dazu, sodaß die Aussichten auf den Bus nicht schlecht stehen. Tatsächlich kommt der ganz pünktlich, wir fahren nur bis zur Kreuzung, dort steigen wir um in Richtung Lindos.

Während wir auf den Anschlußbus warten, sehen wir unseren Radrennfahrer auf der Hauptstraße in Richtung Rhodos dahineilen. Der Bus nach Lindos ist knüppelvoll, wir bekommen nur Stehplätze. Erstmals sehen wir einiges von der Landschaft ringsum. Meist kahle Berge, graue Felspartien, mitunter glänzt links das blaue Meer. Überall gibt es Ziegen.

Der Bus fährt durch den Ort Archangelos, der sich noch ziemlich ursprünglich erhalten hat. Heute am Sonntag Vormittag sitzen überall die Männer mit grauen Anzügen, Schirmmütze und verwitterten Gesichtern hinter ihrem Ouzo oder anderen Getränken und bestimmen die Geschicke der Welt.

Wir stehen direkt hinter dem Busfahrer. Irgendwann fällt uns auf, daß der immer mit geschlossenen Augen fährt. Jedenfalls sieht es so aus. So ein ganz gutes Gefühl haben wir dabei nicht und atmen auf, als hinter einer Berghöhe die aus den Büchern bereits vertraute Kulisse von Lindos erscheint. Die Busladung muß sich erstmal verlaufen.

Das ältere Ehepaar aus unserem Hotel sehen wir alsbald schon hoch oben auf der Treppe zur Burgruine. Wir bummeln erstmal ganz langsam los, hinein in das ursprüngliche und unverfälschte Lindos. Ein Souvernirladen reiht sich an den anderen, Textilien und Modeschmuck sind der Renner. Zum Glück befinden wir uns noch in der Vorsaison, da kann man sich noch frei bewegen.

Wir kommen auch auf die Treppe zum Aufstieg. Heidis Pupillen weiten sich, mit den Händen tastet sie sich rechts am Felsen entlang, wenn es links ein paar Meter hinuntergeht. Allerdings weitet sich das Tal vor einem bis hinunter zur Bucht, das schafft die Illusion eines luftigen Standortes. Am Eingang zur Burg erkennen wir, daß wir wegen des freien Eintritts heute am Sonntag etwa DM 24.- gespart haben.

Nun beginnt eine Treppe.


Skulptur des Schiffes
Hier ist die Skulptur eines Schiffes eingemeißelt, sie stammt aus vorchristlicher Zeit und wurde von denselben Steinmetzen angefertigt, die die berühmte Laokoon-Gruppe geschaffen haben. Die Treppe ist nun wieder sehr luftig, ein Geländer gibt es nicht. Mit allerlei Scherzen lotsen wir Heidi hinauf.

Nun beginnt der antike Teil der Angelegenheit, erkennbar an allerlei liegenden und stehenden Säulenresten. Die stehenden Säulen sind eingerüstet, da bringt man Mogelpackugen aus neuerem Gestein an. Ringsherum und auch bei uns klicken die Fotoapparate, daß es eine Lust ist.


Aussicht

Paulus Hafen

Die Aussicht ist beeindruckend, tief unten liegt eine fast kreisrunde Bucht, der Paulus-Hafen. Dort soll der Apostel Paulus anläßlich einer Vorbeifahrt angelandet sein.

Dann geht es wieder an den Abstieg, jetzt schon ein wenig routinierter.

In Ruhe schauen wir uns nochmal die verwinkelten Gassen von Lindos an. Bemerkenswert sind die feinen Mosaike, die man aus den runden Steinen, die wir zum Wassertitschen immer sammeln, angefertigt hat. Wegen der besseren Haltbarkeit hat man die Steine senkrecht gesetzt.

In einem kleinen Hinterhof bosselt eine schwarzgekleidete Frau herum. In der Hoffnung auf ein Foto der griechischen Art suche ich unauffällig nach einem Motiv, aber es ist dann doch zu aufdringlich.

Natürlich statten wir auch der Marienkirche einen Besuch ab. Sie ist in ihrem Inneren von Fresken verziert, eine silberne Ikonostase verdient auch noch Beachtung, so steht es im Reiseführer. Für ein paar Münzen darf man eine Kerze anzünden, was Stefanie sich nicht entgehen läßt.

Bald ist man hier kultursatt, wir landen wieder auf dem Platz mit der Bushaltestelle. Der nächste Bus zurück fährt in einer halben Stunde. Ich schlage vor, bis Archangelos zu fahren und dort noch ein wenig herumzubummeln. So machen wir es auch.


Archangelos
Jetzt am frühen Nachmittag sitzen nicht mehr soviele alten Männer hinter ihrem Ouzo. Entweder haben sie die Geschicke der Welt fertig entschieden oder vielleicht zuviel Ouzo getrunken. Nach wenigen Schritten von der Hauptstraße weg befindet man sich in einem Ganggewirr inmitten schneeweißer Häuschen. Hier beeindruckt einen das viel mehr als in Lindos, weil man sich hier nicht inmitten von Touristenscharen bewegt.

Eine schwarze Frau grüßt sehr freundlich. Ein paar Ecken weiter kauert eine alte Frau auf dem Boden und hat Mühe mit dem Verzehr eines Reisgerichts. Sowas kann man einfach nicht fotografieren, obwohl man so ein Bild in jedem Reiseprospekt unterbringen könnte. Über Archangelos liegt auch eine Burgruine, aber von der sind nur noch die Grundmauern erkennbar. In die Kirche kommt man auch nicht hinein. In den Straßenlokalen sind alle Plätze besetzt und wir sind müde. Wir leisten uns ein Taxi zurück nach Kolimbia.

Den Imbiß nehmen wir in unserem Strandlokal ein, Heidi nimmt wie immer Salat, griechische Art, ich bestelle eine Pizza und Stefanie wählt mutig Calamares. Da macht sie aber große Augen, als diese serviert werden. Neben den üblichen panierten Ringen sind zur Verzierung - vielleicht weil Sonntag ist - zwei komplett erhaltene Tintenfische auf dem Teller drapiert, Greifarme, Saugnäpfe, alles gut erhalten und rosa schimmernd. Bis auf diese beiden Kameraden gelingt es Stefanie dennoch, den Großteil der Kalamaresringe aufzuessen. Mir bleibt der Rest, die possierlichen kleinen Tintenfische schmecken sogar sehr gut.

Müde schlurfen wir in unser kaltes Hotelzimmer, schmeißen uns auf die Betten und lesen in den Reiseführern nach, was wir heute alles gesehen oder versäumt haben. Später dann reicht die Kraft wieder für einen Gang in die Stadt um einzukaufen. Auf dem Weg durch die zur touristischen Aufsiedelung rechtwinklig angelegten Teerstraßen schließt sich uns ein Hund an und folgt uns in gebührendem Abstand. Wir gehen einen uns noch unbekannten Weg hinauf zu der kleinen Landzunge. Ein eingezäuntes Gelände gibt Anlaß zu Spekulationen. Es handelt sich wohl um ein Ferienlager, das im Sommer Jugendliche beherbergt. Überall stehen kleine Hütten, die nur durch Planen verhängt werden können, um als Behausung zu dienen. Aber im Sommer ist es hier ja warm.

Oben auf der Landzunge ist wieder eine unberührte Vegetation. Heidi findet sogar ein Exemplar von Knabenkraut. Der Hund ist immer noch dabei, begleitet uns bis zum Hotel und bleibt auch während des Abendessens in Sichtweite. Stefanie allerdings verabschiedet sich nach der Vorsuppe, das mit den Tintenfischen war zu viel für sie. Neben uns sitzt eine Familie mit zwei Söhnen so um die zehn Jahre alt. Die sitzen nur mit Hohlkreuz und essen was auf den Tisch kommt. Beide Eltern sind Lehrer. Da kann Stefanie froh sein, was sie für mißratene Eltern hat.


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