Fahrt mit Jerry 16.9.

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Jerry ist ein Hund so zwischen Spitz und Chow-chow, manche sagen auch Husky dazu. Er ist kein x-beliebiger Hund, sondern der Nachfolger "Knöpfchens", der oder die 8 Jahre lang Begleiter unserer Familie war. Das verpflichtet, sollte man meinen.

Da beißt man zuerstmal seinenen Herrn in die Hand, daß er mehrere Tage krankgeschrieben werden muß. Den nächsten Tag beginnt man mit einem Luftkampf gegen einen anderen Konkurenten in einem bewohnten Kinderwagen. Am Nachmittag gehen Stefanie und ich auf der Broitzemer Straße mit Jerry "Gassi". Seit die Straße für Autos gesperrt ist, hat man hier einen schönen Spazierweg. Doch heute ist irgendwas da vorne los, ein Unverbesserlicher hat die Absperrungspfosten umgeplättet, sich dabei einen Plattfuß eingehandelt und ist so der Polizei in die Hände gefallen. Die nimmt gerade die Angelegenheit auf und wir lassen den Hund erst ein paar hundert Meter enfernt wieder von der Leine. Der aber rennt schnurstracks zurück und springt, während wir schreckensstarr zusehen, direkt hinein in die offene Tür des Streifenwagens. Was da für Bilder in einem aufkommen, einen Tag zuvor habe ich bei dem vergeblichen Versuch, den Hund aus einem fremden Auto herauszuholen, für meine Dreistigkeit schon gebüßt. Diesmal haben wir Glück, der Hund verläßt den Streifenwagen unaufgefordert, vielleicht ist die Luft da drinnen nicht so hundemäßig angenehm, was weiß ich. Er kommt fröhlich angetrabt und die Polizei scheint keinen Anstoß genommen zu haben und die Sache hat keine weiteren Konsequenzen. Außer daß wir ins Grübeln kommen, was wir uns da eingehandelt haben.

Im Zusammenhang des nachfolgenden Berichts ist vielleicht noch wichtig, die Herkunft von Jerry zu beleuchten, sofern das möglich ist. Aus sozialen Gründen stammt er selbstredend aus dem Tierheim in Wolfenbüttel, wo er wenige Wochen zuvor abgegeben worden war. Er war an einer Scheune in Berklingen am Elm angebundenerweise und in heruntergekommenem Zustand aufgefunden worden. Die Tatsache, daß es sich bei dem Zeitpunkt um die ersten Julitage nach Wegfall der Grenzkontrollen sowie um eine Gegend nicht weit von der Grenze handelt, läßt durchaus die Vermutung zu, daß wir da einen "Ossi" erwischt haben. Nachdem ich ein paarmal so eine Bemerkung gemacht habe, man sollte mal ausprobieren, ob der Hund da drüben irgendetwas wiedererkennt oder so, herrscht am Sonntag unerklärlicherweise plötzlich eine einmütige Meinung, daß wir allesamt mit Hund eine Tagesfahrt machen wollen.

Das Ziel hat ein Kollege gesetzt, der mir einen Tag zuvor von Halle erzählt hat, außerdem war Halle die erste Anlaufstation für Heidis Familie nach dem Krieg. Ihr Vater hat dort studiert und war Mitglied in der Studentenverbindung "Agronomia". Das gibt genügend Anreiz, diese Stadt einmal kennenlernen zu wollen. Es gebt ja nicht nur Luther- oder Münzerstädte, nein, Halle ist eine Genscher-Stadt, wo der heutige quirlige Außenminister - auch "Genschman" genannt - als junger Mensch wohl öfter was hinter die großen Ohren gekriegt hat.

Es gilt nur noch, ein wenig zu verschleiern, wie weit die Fahrt ist. Ich rechne sowas von 100 km von der Grenze aus, natürlich reichlich optimistisch. Über Salzdahlum (mein "Stichweg" nach Berlin) fahren wir nach Mattierzoll. Die Grenze steht noch in ihrer ganzen Schönheit, vielleicht ergattere ich irgendwann doch noch ein paar Quadratmeter Drahtgeflecht (für den Komposthaufen). Die Grenzerbuden sind verschwunden, werden inzwischen sicher als Baubuden oder Häuschen für den Verkauf von Eintrittskarten oder Gebrauchtwagen eingesetzt.

Das erste Ziel ist Quedlinburg, zuvor durchfahren wir wieder kopfschüttelnd Halberstadt mit seinen Spielzeugkirchen zwischen den Wohnblocks. In Quedlinburg finden wir uns nun gar nicht zurecht. Nach dem Abbiegen in ein paar Nebenstraßen geraten wir in eine groteske Gegend. Fachwerkhäuser, fast sämtlich unbewohnt und in allen Stadien des Verfalls. Eine Kirche ohne Kirchenschiff mit einem gähnenden Loch in den Wänden des Turms, da ist wohl mal ein Anbau abgefallen. In sicherem Abstand von irgendeiner Hauswand stellen wir das Auto ab und machen uns an die Erkundung der Stadt. Wir haben Quedlinburg regelrecht durch die Hintertür betreten. Nur allmählich geraten wir in gepflegtere Straßen. Schließlich sind wir in der Hauptstraße. Da gibt es geradezu Prachtbauten, die noch gut erhalten aber renovierungsbedürftig sind.

Wir treten in ein leerstehendes Haus, eine ehemalige Druckerei, wie man aus einer Aufschrift noch entziffern kann. Von der geräumigen Eingangshallen geht ein Treppenhaus nach oben, das sieht alles aus wie im Mittelalter. Das Alter der Häuser ist enorm, hoffenlich erhält man möglichst viel davon.

Ich suche immer nach dem Schloßberg. Endlich wird man der Türme der Stiftskirche ansichtig, die kennt man von dem Titelfoto eines Bildbandes über den Harz. Wir schlagen also diese Richtung ein, überqueren den Marktplatz - den lassen wir uns für später übrig. Ein Denkmal und das obligate Geburtshaus eines großen Sohnes der Stadt: Johann Christoph Guts Muths(geb. 1759), Erfinder des Sportunterrichts. Dann treten wir aus dem von der Stadtmauer umgebenen Teil der Stadt auf einen großen Platz. Alles voller Busse, darüber der Schloßberg, von einem Aussichtspunkt gucken die Köpfe über die Mauer wie die Schwalben aus dem Nest. "Müssen wir da ganz rauf?" fragt Annika wie üblich. Bisher hat sie alles "wie in Frankreich" gefunden.

Vorher gibt es aber erstmal was auf die Faust, ein Imbißstand will auch leben. Jerry wird an einem Pfosten angeleint, von wo aus er alle vorbeiziehenden Vierbeiner anmisten kann. Wir essen Bratwurst, die Pommes und Plastikgabeln sind ausgegangen. "Irgendwas wird immer mal alle" sagt der Kioskbetreiber dazu. Da wird er Erfahrung haben. Gestärkt geht es an den Aufstieg, aber das ist gar keiner, nach wenigen Minuten betritt man den "Finkenherd", der hat was mit der "Heinrichgeschichte" zu tun, so äußert sich eine vorbeilaufende Dame. Laut Reiseführer liegt in der Stiftskirche Heinrich I. mit seiner Gattin Mathilde begraben. Aber der liege doch in Braunschweig, meint Heidi entrüstet. Das sei doch Heinrich der Löwe, weiß ich es besser. Aber heißt dessen Frau nicht auch Mathilde ? Unsere Geschichtskenntnisse sind am Ende. Wir sind aber auch solche Banausen. Alle anderen bewegen sich gruppenweise und lauschen andächtig einem Weisen, der alle Namen und Daten herunterrasselt.

Auf dem Burghof beschäftigen wir uns mit der Tiefe eines Brunnens, dann beugen wir uns über die Mauerbrüstung bei der "Aussicht" und wundern uns, wie tief es da runter geht. Der Blick über die Stadt ist einzigartig, keine entstellenden Neubauten außer einem mißlungenen Versuch, einen Turm der Stadtmauer zu modernisieren.

Die roten Ziegeldächer verraten von weitem nicht, was sich darunter verbirgt. Auf dem Rückweg sehen wir eine Baustelle, da hat man über einem heruntergekommenen Gebäude das Dach neu errichtet. Das gibt Hoffnung, dann hat man das Haus ja wohl nicht aufgegeben.

Nun ein Foto vom Marktplatz, das Rathaus ist malerisch mit Wein bekränzt. Im Cafe am Markt gibt es leider kein Eis auf die Faust. Nun umrunden wir die Marktkirche. An einer Mauerecke wächst Moos. Das kommt daher, daß genau dort die Dachrinne zwei Meter über dem Erdboden endet. Vorbei an modernen und auch geschmackvollen Wohngebäuden ziehen wir wieder in unsere "Schurrmurr-Gegend". An einem Haus befindet sich ein Zettel: "Wir renovieren hier", darunter eine Privatadresse. Leider ist kein Spendenkonto angegeben. An einer Ecke eine ehemalige Bäckerei, durch die glaslosen Fenster kann man einen Blick in die Backstube werfen, die Halter für die Bleche befinden sich noch an den Wänden. Ein Haus weiter ist die Zimmerdecke heruntergekommen, das nächste Haus steht nur noch halb. Wir finden das Auto wieder und machen uns auf die restlichen 75 km Richtung Halle.

Es geht wieder durch Neuland. Der Harz zur Rechten verliert sich in flachen Hügeln. Mitunter kann man weit voraus in das Land blicken. "Das gehört nun alles uns" ist man versucht zu sagen. Und damit ist nur gemeint: wir können hierher fahren, alles ansehen und mit jedem in Freiheit reden. Ab 3. Oktober wird es ein Deutschland sein, aber es wird eine halbe Generation dauern, bis die Unterschiede nicht mehr bestehen. So fällt immer wieder mal der lapsige Spruch: "Hier sieht's aus wie in der DDR". Wir rätseln allerdings auch daran herum, warum man diesem Einheitsgrau nun in diesem Sommer nicht schon mal energischer zuleibe gerückt ist. Vielleicht sind die Energien eher in den allgegenwärtigen Gebrauchtwagenhandel gesteckt worden.

Über Aschersleben kommen wir nach Alsleben/Mukrena, wo die Saale überquert wird. Schon seit geraumer Zeit sehen wir weit voraus einen spitzen Berg mit einem Sendemast. Das ist der Petersberg bei Halle. In Halle sind wir kurz nach 14 Uhr. Wir orientieren uns nach den Hinweisschildern in die Innenstadt und landen unter den Rampen der Stadtautobahn auf einem Parkplatz. "Dürfen hier auch Westautos parken?" zweifelt Stefanie. Na wolln's doch hoffen, auf geht's in Richtung Stadtzentrum. Als wir ein paar Kinder nach diesem fragen, hören wir, daß wir wieder genau in die falsche Richtung unterwegs sind. Also umgedreht, nur dem Hund ist das egal, der zieht in jede Richtung, die man einschlägt. So kommen wir auf den Hallmarkt, an den Kirchtürmen dahinter sieht man sofort, daß man sich auf der richtigen Fährte bewegt. "Die Türme sind berühmt" sage ich so daher. Tatsächlich befindet sich zwischen den beiden Türmen der Marktkirche eine luftige Brücke, von der sich trefflich eine Predigt halten ließe, wenn man schwindelfrei und wortgewaltig wäre.

Über eine Treppe steigen wir vom Hallmarkt hinauf zum Marktplatz. Hier ist anscheinend mächtig was los, wie es sich gehört, wenn wir schon mal kommen. Zuvor aber graust es einem bei dem Anblick des mit einem modernen Glasbau umgebenen "Roten Turmes", der mitten auf dem Platz steht. Ein Designer Wettbewerb oder sowas ist dort obendrein einquartiert.

Dann die Quelle des Klamauks: einige hundert Leute umdrängen eine Bühne des Fernsehsenders SAT1. "Rollende Truck Show" oder ähnliches steht an einer Kulissenwand, darunter sind alle größeren Städte der DDR sauber aufgelistet, keine ist ausgelassen. Der Einpeitscher auf der Bühne bereitet ein Spiel vor, er läßt üben: "Zur Probe, könnt Ihr alle B I N G O rufen?" Und es hallt über den Marktplatz zu Halle zwischen Wende und Wiedervereinigung: "B I N G O !!! ". Es läuft mir irgendwie den Rücken herunter, was man mit den Menschen so machen kann. Zum 40. Jahrestag vor weniger als einem Jahr haben sicher welche von den BINGO-Freunden "Es lebe der Sozialismus!" oder ähnliches verbreitet, dann haben sie hier und in Leipzig unter großen Gefahren die Verabschiedung des sozialistischen Regimes herbeigeführt - "Wir sind das Volk" oder im Singular und Komparativ "Ich bin Volker!" - und heute schreien sie alle "B I N G O !!!". Dieses Jahr ist wohl ein Wechselbad, wie es seinesgleichen sucht. Aber Spaß muß sein, gönnen wir es einem jeden. Der in Form eines Denkmals präsente Händel kehrt der ganzen Angelegenheit den Rücken zu.

Der Krach ist unerträglich, wenn das Losrad auf der Bühne elektronisch unterstützt aufheult. So bummeln wir in die Fußgängerzone, die Straße heißt Klement-Gottwald-Straße. In einem Cafe kommen wir nicht unter, die Bedienung ist überlastet und gibt keine weiteren Außentische frei. Die meisten Lokale auf dieser Straße sind heute am Sonntag geschlossen, obwohl ein regelrechtes Gedränge von flanierenden Passanten herrscht. Erst am Ende der Straße an den Wallanlagen kann man ein Eis erstehen. Wir wandeln den Wall entlang, an einem Springbrunnen kann der Hund seinen Durst stillen, wenn es auch einiger Verrenkungen bedarf, um an den Wasserspiegel zu gelangen. Ein großes rotes Monument stellt die "Flamme der Revolution" dar. Die Revolution findet offensichtlich gerade auf dem Marktplatz statt.

Wir gehen wieder Richtung Markt und gehen die Große Ulrichstraße entlang. Diese ist noch nicht ganz aus dem Dornröschen Schlaf erwacht. Sie hat alle Eigenschaften für eine großartige Geschäftsstraße, es fahren keine Autos, nur die Staßenbahn saust ab und zu hindurch. Die Gebäude sind von großem Stil, klassisch mit liebevollen Verzierungen und Details. Nur in welchem Zustand das alles ist. Wir denken uns die wenigen Farbklekse von Tchibo, Jacobs und Eduscho mal weg, dafür Nebel und Nieselregen her, da kann einen schon gruseln. Heute haben wir ja großes Glück mit dem Wetter, die Sonne scheint alles freundlich an und macht manches erträglicher. Endlich lacht uns ein schönes Cafe an, es heißt "Cafe nt", Abkürzung für "Neues Theater". Es ist schon seit April 89 in dieser Form eröffnet, wobei wir gewettet hätten, daß die Ausstattung erst in den letzten Monaten von westlichen Investoren geschaffen wäre. Der Kaffee ist nur lauwarm, alles kann man eben nicht haben. An den Wänden hängen Bilder von Prominenten aller Zeiten, die einen Bezug zu Halle gehabt haben. Auf der Empore stehen Bücher in Glasvitrinen. Ein Spruch ist zu lesen: "Was Du nicht selber tust, tut auch kein anderer für Dich". Wir überlegen, ob das besser auf die Situation in der DDR oder die in den Zimmern der Kinder zu Hause paßt.

Wieder draußen entdecken wir das "Neue Theater" selbst. Es liegt gleich daneben in einem Innenhof, wenige Bänke für die Zuschauer und eine winzige Bühne. Aber auch alles im Umbruch für eine Instandsetzung. Als Kontrast gehen wir nun parallel zur Großen über die Kleine Ulrichstraße zurück. Wir haben heute schon viele Bürger beim "Aus dem Fenster Schauen" beobachtet. Hier schaut eine Oma aus einem Fenster, umgeben von Blumen in einem Blumenkasten, das ganze wiederum eingerahmt von der grauen Hausfassade mit blinden Fenstern und bröckelndem Putz. Ein Foto wäre ausstellungsreif, aber ich habe keine Teleobjektiv mit. Wir gehen am Händelhaus vorbei, merken das aber gar nicht, Banausen wie wir sind.

Ein anderes Kunstwerk erregt unsere Aufmerksamkeit: man hat die Fassade eines Neubaus kunstvoll bemalt mit Fenstern und Türen. Eine Schar von Landsknechten aus dem 30-jährigen Krieg drängt sich zwischen Mauern hindurch. Die tiefere Bedeutung dieser Szene ist uns unklar. Gleich hinter diesem Gemälde wieder Baufälligkeit in Form der Residenz am Dom. Die liegt direkt an der Saale, wir betreten die Klausbrücke. Blasen steigen aus dem braunen Wasser auf, ob das muntere Fischlein sind? Um Halle herum liegt das Zentrum der DDR-Chemiebetriebe....

Nun wird es Zeit für die Rückfahrt. Es wäre noch viel zu besichtigen, aber wir müssen Dom, Moritzburg oder Universität unberücksichtigt lassen. Man kommt ja doch wohl mal wieder her. Wir begeben uns wieder auf die vierspurige Stadtautobahn und fahren in Richtung Westen. Unvermeidbar die Haller Neustadt, auch die muß man gesehen haben. Da steht die Haller Altstadt halb leer, weil die Häuser unbewohnbar geworden sind, hier hat man dagegen für hundert Tausende von Menschen eine Trabantenstadt hingesetzt, wie wir sie bis dato noch nicht zu Gesicht bekommen haben. Zu Füßen der gewaltigen Wohntrakte das unübersehbare Meer der Autos, die Parkplätze sind groß wie Fußballfelder. Wie es mit den Freizeit- und Einkaufseinrichtungen aussieht, können wir so im Vorbeifahren nicht ausbaldowern. Die Menschenmassen im alten Halle deuten darauf hin, daß man dieser riesigen Wohnmaschine in der Freizeit möglichst zu entrinnen trachtet. Auch der stetig starke Gegenverkehr auf der weiteren Strecke zeigt eine rege Rückreisewelle aus den Erholungsgebieten des Harzes an. "Die fahren alle nach Halle Neustadt" - sind wir uns einig. Aber auch Leipzig ist ja nicht mehr weit, da sind schon eine Menge Menschen unterwegs. Die Leipziger allerdings haben heute Besuch von unserem wohlgenährten Bundeskanzler, schön dumm, wer dem bei der Gelegenheit nicht zujubelt. Vielleicht umgibt ihn wieder ein "Hauch von Geschichte", wie kürzlich in der Braunschweiger Zeitung zu lesen war.

Die Rückfahrt soll durch den Harz führen, da geht es durch Orte wie Salzmünde im tief eingeschnittenen Tal der Saale, Mansfeld und Harzgerode. Die Sonne scheint von vorn, da kann man oftmals von der schönen Landschaft gar nicht so viel erkennen. Schließlich geht es nach Hasselfelde hinauf, Brocken und Wurmberg grüßen "von hinten" - so wie wir es verstehen. Verena erkennt: "Hier sieht es aus wie im Harz". Dann werden die Kinder zum Glück albern, denn die Fahrt nimmt und nimmt kein Ende. Ob wir über Braunlage zurückfahren? Ist aber ein zu großer Umweg. Als wir den Harz bei Blankenburg verlassen fragt Annika: "Fahren wir nun über Braunlage?". In Stapelburg fahren wir wieder über die Grenze. Auch hier sind noch alle Grenzzäune vorhanden.,

Nach über drei Stunden sind wir endlich wieder zu Hause, es ist längst dunkel und wir sind geschafft. Am meisten wundere ich mich über eine Bemerkung, daß es ein schöner Tag gewesen sei. Für mich und Jerry gilt das sicher - wir mit unserer DDR-Erfahrung. Heidi entwickelt auch so langsam Interesse. Die Kinder sind dagegen noch nicht ganz bei der Sache, sie können die 40 Jahre Spaltung nicht nachempfinden, haben nicht wie wir das Gefühl, in die Vergangenheit zu reisen und verstehen die allgegenwärtigen armseligen Verhältnisse nicht. Doch ist das sicher wichtig, es jetzt zu sehen, bevor die Marktwirtschaft alles übergebügelt hat.

Nicht-Happy End

Ein paar Wochen später mußten wir Jerry wieder in das Tierheim zurückbringen, weil er sein Frauchen fast krankenhausreif gebissen hat. In unserer Familie war es nicht möglich, per Erziehungsmaßnahmen die Unberechenbarkeit dieses Hundes abzustellen. Schade - er hat es schön bei uns gehabt.


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