Zurück zum Kapitel Index

Donnerstag, 4.5.

Auf das Wetter kann man sich jedoch verlassen, azurblauer Himmel und gute Fernsicht lassen auf einen Genußtag hoffen. Punkt 9 Uhr bin ich bei dem Vielfahrzeugverleih vorstellig in der Erwartung, ein Fahrrad für mich vorzufinden. Hier ist aber nur eine Filiale, es muß erst telefonisch jemand herangerufen werden, der mich dann abholt und durch halb Paguera kutschiert. 1500 Peseten kostet das Leihfahrrad pro Tag. Ich suche mir das optisch attraktivste Fahrrad aus, Brems- und Sichtkontrolle, dann schwinge ich mich auch schon auf den Sattel und breche zu meiner Tour auf.


Porto Andraitx
Bald merke ich nach einigen Kilometern bergauf, daß ich versäumt habe, die Gangschaltung zu kontrollieren. Die hinteren Ritzel lassen sich zwar problemlos schalten, aber die vorderen Kettenblätter sind nur mit Hilfe eines Fußtritts gegen den Umwerfer umschaltbar. Wenn man das zu unsensibel macht, springt die Kette ab. Da es aber an diesem Tag sowieso meistens bergauf geht, hat mich das am Ende nicht allzusehr gestört.

Schon auf dem Weg nach Andraitx kommen einem allerdings Zweifel, ob man die Tour bei der intensiven Sonneneinstrahlung überhaupt durchstehen wird. Aber hinter Andraitx geht es immer durch Kiefernwälder, so lassen sich die Steigungen ganz gut nehmen. 400 m geht es bestimmt hinauf, dann sieht man das Meer an der Nordküste. Schon geht es wieder hinab. Einen Trecker kann ich leicht abhängen. Die Schilderung der Blicke über das Meer lasse ich lieber weg, das kann man in jedem Mallorcaführer nachlesen.


Unterschiedlich gepflegte Anwesen



Alte Ölbäume
Zwei alte Wachttürme werden passiert, da parken wieder die Autos. Ansonsten ist dieser Teil der Küstenstraße sehr ruhig, die Busfahrten gehen alle anders herum über Palma hinauf in die Berge. Hier heißt der erste Ort Estellencs. Es gibt keine Hotels und hohen Gebäude, die Gegend und die Orte wirken noch sehr natürlich.

Immer geht es rauf und runter, bei der Aussicht merkt man das jedoch gar nicht. Mein letzter Ort an der Küstenstraße ist Banyalbufar, bald darauf geht es rechts ab ins Inland. Auf der Küstenstraße sind es noch 10 weitere km bis Valldemossa, aber ich möchte mich zeitlich nicht verkalkulieren, so wird dieser Abstecher weggelassen.


Blicke aufs Meer


Estellences


Im Hochtal
Nun befindet man sich schon auf der Rückfahrt, diese Straße ist so gut wie unbefahren und führt wieder ein Hochtal hinauf nach Süden. Einmal muß ich mir ein schattiges Plätzchen suchen und gegen den Durst eine Apfelsine verzehren. Im Baum gegeüber schlägt eine Nachtigall, auf der Straße huschen die bunten Trikots von Radfahrern vorbei. Die können mich aber nicht sehen, weil ich im Gebüsch sitze.

Es geht weiter, endlich hat man die Höhe erreicht. Ganz nah liegt der Galatzo. Die Abfahrt nach Puigpunent ist weniger angenehm, im Zickzack durch den Wald, da muß man dauernd bremsen. Im Ort setze ich mich auf eine Cola erstmal in ein Restaurant. Jeder Spanier wird wohl denken, man sei verrückt, in der Mittagszeit beim höchsten Sonnenstand nur zum Vergnügen mit dem Rad herum zu fahren. Das Gefühl habe ich jedenfalls, während ich meine eisgekühlte Cola schlürfe, während die anderen Gäste in dieser Spelunke ihre Mittagspause vor einer Projektionswand des Fernsehers, vor einem trällernden Spielautomat oder hinter der Zeitung verbringen.

Der Mitteleuropäer ist nun mal hektisch veranlagt, so rolle ich unter der sengenden Sonne bald wieder dahin. Es geht nun wieder hinauf nach Galiläa, das hört sich ganz schön biblisch an. In einer Halbhöhle oberhalb der Straße befindet sich dann auch ein Heiligtum mit Kerzen und Blumen. Auf einer Gedenktafel steht etwas von Lourdes, was Genaueres kann ich nicht herausfinden. Vielleicht eine Wallfahrt mit Wunderheilung oder sowas.

Mit dem Rauf und Runter hat es nun ein Ende, der Rest ist nur noch Abfahrt. Über Capdella ist man schnell wieder in Paguera, es ist 15 Uhr, ich habe 70 km bei nicht leichter Strecke geschafft, da kann man zufrieden sein. Die Motivation zu weiteren Aktivitäten ist jedenfalls nach dem Duschen und dem erfrischenden Bad stark reduziert.

Wie schlecht paßt es da, daß am heutigen Abend Tanzen in der Bar angesagt ist. Da muß mich meine Ehefrau dann auch noch hinschleifen. Ich bedinge mir aber aus, daß ich nicht tanzen müßte. Die Bobfahrer und die weißbehangene Tussi samt Freundin haben zusammengefunden und sitzen an einem Tisch. Bald brechen aber alle zu lohnenderen Restaurationen auf als da sind "PupArsch" oder "Rendezvous".

Als dann irgendwann eine Dame am Nebentisch mir zuzischt: "Nun tanzen Sie doch mal mit Ihrer Frau!" muß ich doch noch in den sauren Apfel beißen und in Sandalen herumschlurfen, so gut es geht: 1 Rechts, 2 Links.

Nächster Tag