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Kapitel 5: Svinesund - Kristiansand

Nun werden wieder die restlichen Schwedischen in Norwegische Kronen umgetauscht. Im norwegischen Touristenbüro bekomme ich auch die gewünschte Broschüre, ohne die wäre die Weiterfahrt ziemlich sinnlos gewesen. Sie heißt Sykkelguide Kystruta, Svinesund – Kristiansand. Sie ist dreisprachig (N,GBR,D) und enthält auch Übernachtungshinweise, das ist fast das wichtigste. Die Küstenroute heißt hier R1 und ist durch rote Schilder markiert.


Gamlebyen Frederikstad
Nach gut 2 km auf der E6 erreicht man das erste R1 Schild und fährt dann auf der alten Trasse der E6. Da ist immer noch genug Verkehr. Zwischendurch mal eine ruhige Strecke, aber ab Sarpsborg gerate ich auf die Landstraße 111 mit Radweg und Rückenwind. Es lockt schon wieder eine hohe Brücke vor Frederikstad, aber man biegt besser Richtung Gamlebyen ab, das ist die Altstadt in Form einer Festungsanlage von 1663. Es ist dort verkehrsfrei und romantische altertümliche Gassen vermitteln eine entspannte Atmosphäre.


Brücke, Fähranleger Frederikstad

Promenade in Frederikstad

In die eigentliche Innenstadt von Frederikstad gelangt man dann mit der Fähre über den Fluss Glomma. Hier ist schnell ein Hotel gefunden (City Hotel) und man kann sich mal wieder einer komfortablen Unterkunft erfreuen. Die Lokale entlang der Promenade an der Vesterelva sind voll besetzt, wo man im Freien sitzen kann und sieht um gesehen zu werden. Genau das selbe machen die stolzen Besitzer der Boote und Yachten an der Wasserseite, die hier am Pier fest gemacht haben.

Ich lande natürlich wieder beim Chinesen und fülle die Nahrungsdefizite soweit es geht wieder auf. Immerhin war ich seit Skagen und in Schweden weder in einem Hotel noch habe ich abends einmal im Restaurant gegessen. Aber das war keine Absicht.


Bieretikett aus Frederikstad

Im Hotel musste ich heute leider die Minibar aus räumen zugunsten einer 1.25 L Flasche eines eigens hier nach Originalrezept gebrauten Bieres mit dem Namen Frederikstad Pilsener. Das Etikett habe ich mal abgeweicht als Erinnerung. Die Flasche kostet so viel wie bei uns eine gute Flasche Wein. Genussmittel sind neben Lebensmitteln besonders teuer in Norwegen. Und am Sonntag gibt es gar keinen Alkohol zu kaufen, auch kein Bier. Da freun sich die Restaurants.

15 Donnerstag, 1.8. Frederikstad - Larvik, 120 km

Sieht aus wie in Norwegen

Beim Frühstück im City Hotel bin ich umgeben von lauter Pensionären, teils aus Schwaben – die treffe ich ja immer wieder. Hinter Frederikstad verfahre ich mich sogleich, kann dann später aber 5 km zur Kirche Onsøy zurück fahren, wo der R1 verläuft. Wieder geht es durch die Botanik, Kiefern und Getreidefelder. Vor Moss wird eine 10 km lange Schotterstrecke deklariert, die beginnt gleich so grausig, dass ich doch lieber die Straße 118 mit Radweg wähle.


Werbung für Eigenverkauf

Die Stadt Moss hat das Nachsehen, von der habe ich nicht viel gesehen und sie nicht viel von mir. Denn am Schalter zur Fähre nach Horten heißt es: das Schiff geht in drei Minuten. Hinter mir hupt schon ein Wohnmobil, die wollen auch noch mit. Als ich an Bord bin, gucke ich erst mal nach, ob ich überhaupt auf dem richtigen Schiff bin: Horten – doch stimmt! Die Überfahrt über den Oslo Fjord dauert gut 30 Minuten. Ich gucke immer in Richtung Oslo, kann die Stadt mit ihren massigen Rathaustürmen aber nicht erkennen. Da war ich auch schon zweimal vor mehr als 30 Jahren.


Überfahrt Moss - Horten

In Horten soll man sich laut Beschreibung die Storgata wegen ihrer Blütenpracht angucken, das versuche ich - nichts da mit Blütenpracht. Dann folge ich der Beschilderung, gelange an einen Badestrand und die Beschilderung führt einen nach links, also zurück? Damit bin ich nicht einverstanden. Ich irre zwischen den Badegästen herum, die mich mit dem vollgepackten Fahrrad unter wolkenlosem Himmel sicher nicht beneiden. Dann folge ich meinem Richtungssinn in bewährter Weise. Bald kommt von links verstärkter Verkehr und auch das R1 Zeichen ist wieder da. Des Rätsels Lösung: es gibt einen Tunnel, wohl unter den Badegästen durch oder so.


Åsgårdstrand

Das nächste Stück Radweg ist abenteuerlich und eher eine Mountainbike Strecke. Eng und matschig durch einen Park, ein Moutainbiker zeigt mir, was eine Harke ist. Ab dem Ort Asgårdstrand befindet man sich wieder in zivilisiertem Gebiet. Das ist alles touristisch erschlossen und es herrscht reger Badebetrieb an diesem Tag wie am Mittelmeer. Ich habe den Wind von hinten und die Sonne von vorn. Ich brauche eine Schirmmütze um das Blenden zu reduzieren. Meistens vergesse ich beim Einkaufen dann, nach einer Mütze zu sehen. Einmal lande ich auch in einem Baumarkt.


Klingelanlage der "kleinsten" Fähre Norwegens

Die kleinste Fähre

Auf den Campingplätzen sind sogar Hütten frei, wie man lesen kann. Das beruhigt. Es folgt – wie es heißt – die kleinste Fähre Norwegens. Da steht eine kleine Hütte, quer durch läuft eine Ameisenstraße. Um übergesetzt zu werden, muss man eine Klingel mit einem abenteuerlichen Hinweisschild bedienen: „Ring en Gang...“. Ich klingle also, man hört es sogar am gegenüber liegenden Ufer bimmeln. Aber nichts regt sich. Während mir die Ameisen in die Sandalen krabbeln, mache ich schnell eine Aufnahme von dieser bizarren Rufeinrichtung. Dann entdecke ich, dass da doch einer in einem Stuhl im Schatten sitzt und der schweren Tätigkeit des Dasitzens nach geht. Punkt halb klingle ich noch mal, denn jede volle Viertelstunde ist angesagt.


Fähre in Tenvik

Nun regt sich was und der Fährmann kommt rüber. Für 5 Kronen werde ich übergesetzt. Man fährt nun eine Weile über Felder und Wälder auf den Inseln Husøy und Nøtterøy. In Tenvik wartet der nächste Fähranleger, diesmal auch gleich die Fähre, so dass es gleich weiter geht. Man kann hier von der Landstrecke einiges abkürzen, vorbei an der idyllischen Insel Veierland, wo das Schiff zwei mal anlegt, zurück an das Festland.


 

Veierland

 

Dort ist man dann gleich in Sandefjord, einer größeren Hafenstadt. Von hier gibt es eine Schiffsverbindung nach Strömstad, Schweden. Hätte man dann ja alles leichter haben können, per Schiff, aber das ist ja nicht der Sinn der Sache.

Die letzte Strecke nach Larvik verläuft auf der Hauptstraße. Noch mal in einer Bushaltestelle (heute braucht man Schatten) Rast gemacht. Oh weh, da muss ja gleich ein Bus kommen. Tut er auch und hält extra an. Dabei will ich gar nichts von ihm. Der Fahrer lacht. In Larvik gibt es zwei Hotels. Beim ersten steht „Rum ledig“. Das zweite – Quality Hotel Grand Farris – ist als fahrradfreundlich eingestuft. Da entscheide ich mich für dieses. Womöglich ist ea aber das teurere? Zwei China Restaurants sind um die Ecke, da kann man sich sogar eines aussuchen. Hinterher ein Rundgang, da ist nicht so viel zu sehen.


Eine Art "Bobbahn" (vor Larvik)

Larvik

Nach diesem heißen Tag ist am Abend eine Wäsche der wichtigsten Kleidungsstücke fällig. Der alte Trick: Wäsche auswringen, in ein Badetuch einwickeln und darauf herum trampeln, dann ist sie fast schon trocken. Die verbrannten Hautpartien im Gesicht, auf den Ohren und den Ellbogen behandele ich mit Penatencreme, das wirkt optimal.

16 Freitag, 2.8. Larvik - Kragerø, 76 km

Mit der Sonne ist es schon wieder vorbei, aber der Wind weht immer noch aus der für mich richtigen Richtung. Durch einen verschlafenen Ort Stavern (da steht eine Kanone in einem Militärgelände herum) geht es in zügiger Fahrt nachHelgeroa, da soll wieder eine Fähre warten. Es ist Punkt 10 Uhr, aber es wartet keine Fähre. Es ist auch kein Anleger zu sehen. Schließlich erfahre ich von zwei Fischern oder so was, dass das nächste Schiff um 12 Uhr fährt. Das vorige ist um 9.30 Uhr gefahren, das wird mir in den Kies gemalt. Also 2 Stunden warten oder 45 km Rad fahren? Man muss es ja nicht übertreiben, die zwei Stunden wird man schon irgendwie rumkriegen.


Helgeroa Marina

 

Erst mal auf eine Bank setzen und alles überdenken. Dann fängt es an zu nieseln, da muss man sich eine andere Bank suchen. Hier befinden sich eine Reihe von Buden, die nennen sich „Helgeroa Marina“. Da sind ein paar Läden und die sanitären Anlagen für die Bootsanlieger untergebracht. Inzwischen habe ich in einem nahen Campingshop nun auch eine Mütze für 50 Kr. gefunden. Im Marina Mode Shop kosten die Mützen schon 100 Kr. Als ich einmal um die Ecke schaue, ist das Schiff bereits da, hat man gar nicht gemerkt. Da kann man schon mal an Bord und die Zeit bis zur Abfahrt ist dann auch schnell herum.


Helgeroa

Fahrplan Helgeroa - Langesund

Die Fahrt durch die Schäreninseln ist ein Erlebnis, schade, wenn man das verpasst hätte. Man fährt sozusagen auf Armlänge an den Felsen entlang, an einer Stelle passt das Schiff zentimetergenau zwischen zwei Felsen durch. Man kommt schließlich gegen 13 Uhr in Langesund an.


Fahrt durch die Schären

 

Engstelle

Nun muss man wieder selbst für das Vorankommen sorgen. Erst mal wieder ein wenig rauf und runter, dann kommt eine Abzweigung wo man sich entscheiden muss. Es ist von einer spannenden Strecke reich an Flora die Rede, und diese ist als unbefestigt gekennzeichnet. Alternative ist nur die Europastraße E18.


"spannende" Strecke reich an Flora

Ab hier wird bergab geschoben


"Nervigbakken"

Auch ein Briefkasten
Gehen wir das Wagnis mal ein. Wenn man das bergauf- und auch das bergab-schieben nicht scheut, dann ist man hier richtig. Sicher ist die Natur beeindruckend, sagen wir mal naturbelassener Schärenwald. Nach der letzten Abwärts Steigung lese ich „Nervigbakken“. Das ist ja zum totlachen, da muss gleich ein Foto gemacht werden. Aber es heißt richtig „Hervikbakken“ (gefährliche Steigung?). Man schiebt da hinunter, beide Bremsen angezogen, und das Rad rutscht einem trotzdem noch weg.


Landschaft

Man kommt bei ein paar Häusern raus, die Welt ist hier zuende. Der Radweg geht in gleicher Weise noch weiter, wieder steil hoch. Aber man kann sich auch durch die E18 erlösen lassen. Da muss man ein paar hundert Meter im Verkehr fahren, und das ist auch kein Vergnügen, die reichen einem dann schon. Es geht dann auf und ab nach Valle, dann sind es noch 26 km bis Kragerø, die müssten noch zu schaffen sein. Man passiert auf der Höhe viele Waldseen, ab und zu fährt man hinunter an die Küste mit reizvollen Ausblicken.

Neben der Straße finde ich eine runde kahle Schäre mit Ausblick auf eine Bucht. Das ist ein so schöner Rastplatz, da möchte man gar nicht wieder weg.


Die Heide beginnt zu blühen

Der schönste Rastplatz

In Kragerø ist man schnell durch einen Tunnel. Auf der Insel Øya gibt es ein Ferieleiligheter, was immer das heißen mag. Da kann man ja mal nach einer Übernachtung fragen. Wieder alles besetzt. Die Leutchen sind aber so freundlich und rufen mal eben im Hotel Victoria an. Da bekomme ich noch mein Zimmer, wenn auch nicht so preiswert.

Der Termin für die morgige Bootsfahrt wird ermittelt (9.35). Dann muss ich eine Ansichtskarte versenden, wegen des hiesigen Ortsnamens an Krögers in Cuxhaven. Zum Abendessen versorge ich mich wieder selber mit – was wohl? – Krabben und Käse.


Kragerø Panorama

Der Walfisch in Kragerø

Als es mir wieder gut geht krame ich – das einzige Mal – das Fernglas raus und entdecke: einen Walfisch. Der schwimmt aber nicht im Meer, sondern wird aus einem flach liegenden Felsen gebildet. Ansonsten besteht der vorbei fließende Verkehr hier mehr aus Booten als aus Autos.

17 Samstag, 3.8. Kragerø - Tvedestrand, 65 km

Beim Frühstück wandert in leiser Vorahnung das eine oder andere in die Lenkertasche. Dann lasse ich mir von einem Hotelangestellten die Garage aufschließen, um das Rad zu holen, und mache ihn auf den Felsen-wie-ein-Wal aufmerksam. Das hat er noch nie gesehen, vielleicht denkt er auch: der spinnt, der Gast. Trotzdem fahre ich hinüber und mache ein Foto und überlasse es jetzt den Internetlesern zur Beurteilung, ob er spinnt, der Gast.

Man begibt sich zum Anleger in der Hoffnung, dass da heute überhaupt ein Schiff kommt. Noch sieht es nicht so aus. Ein Ehepaar kommt noch heran, sie sind aus Oerlinghausen und radeln die Strecke Göteborg – Kristiansand. Sie übernachten vorwiegend in Jugendherbergen. Einmal hätten sie eine Elchkuh mit einem Kalb gesehen. Kaum zu glauben!

Es kommt dann etwas verspätet ein Taxiboot. Kaum ist alles verladen, da braust das los, schnell wie ein Auto. Nach wenigen Minuten steigen wir aus in Stabbestad, von dort geht es 20 km auf der ruhigen 351 wieder reichlich rauf und runter. Schöne Waldseen laden zur Rast ein.

Man kommt nach Øysang, wo man wieder ein Boot nehmen kann und die 28 km nach Risør einspart. Das Ehepaar bevorzugt den Landweg, ich begebe mich erst mal zum Anleger. Es ist 11 Uhr, die offizielle Fähre fährt erst um 13 Uhr. Aber da stehen eine Menge Leute, die warten auf ein Taxiboot. Als das Taxiboot so nach einer halben Stunde kommt, sind es so an die 60 Personen geworden. Etwa 50 nimmt das Boot auf, der Rest muss zurück bleiben. Ich mit meinem Rad natürlich auch. In einer Stunde käme man wieder. In dieser Stunde kann man Aufzeichnungen machen, herum laufen und fotografieren, und wenn man damit fertig ist, vor sich hin dösen. Dann ist die Stunde rum und das Boot kommt tatsächlich  wieder. Diesmal drängele ich ein bisschen und gelange ordnungsgemäß an Bord. Ein Ehepaar mit Kinderwagen hat erneut das Nachsehen.


Risør

Risør

Die Überfahrt ist wiederum ein Genuss, ich bereue es nicht, auf den Landweg verzichtet zu haben. Obendrein hat man ja auch Kräfte gespart. In Risør, das Den hvite by ved Skagerrak  genannt wird, ist es schwarz vor Menschen. Das ist ja fürchterlich. Am Hafen liegen eine Menge Rahsegler, meistens Zweimaster. Risør trebåtefestival ist zu lesen. An der Hafenzeile sind Buden aufgebaut, die kosten Eintritt. So schnell ich kann, kehre ich dem ganzen den Rücken. Die Zufahrtsstraßen sind schon gesperrt, es gibt wohl im weiteren Umkreis keine Parkplätze mehr.

Nach kurzer Fahrt kommt mir das Ehepaar auf dem Landweg entgegen. Die sind allerdings ganz begeistert von der Strecke hierher, aber ich habe ja auch meinen Spaß gehabt. Sie wollen trotz des Trubels nach Risør und einen Blick in das Seewasseraquarium werfen.

Ab der Abzweigung der Straße 411 (Bossvik) wird es ruhiger. Die Steigungen werden allmählich sachter, und in der schönen Landschaft schmelzen die Kilometer dahin. Schließlich erblickt man schon weitem den Ort Tvedestrand, wie an den Berg geklebt. Jetzt muss man mal zitieren, was in der Begleitbroschüre über Tvedestrand zu lesen ist: "Sørlands smilehull" (norw.), "the Dimple of the South coast" (Engl.) und "Sörlandets lächelndes Grüchen" (deutsch). Ein Blick ins Lexikon macht klar: im letzten Wort hat man ein b vergessen.


Tvedestrand von vorn

Tvedestrand von hinten

Ich beschließe, in Tvedestrand über Nacht zu bleiben. Vorher muss man noch durch einen Tunnel. Das einzige Hotel hier ist „full booked“. In der Touristeninformation kann man mir nur einen Campingplatz sagen, da wären noch Hütten frei. Aber der liegt ein paar km weg an der E18. Was bleibt einem anderes übrig, ich mache mich auf den Weg. Da kommt ein scharfer Pfiff von hinten und einer kommt mit meinem Portemonnaie angelaufen, das habe ich in der Info liegen lassen. Bin ich doch schon zu schusselig? Aber am nächsten Supermarkt "uptown" um die Ecke hätte ich es auch gemerkt.


Campinghütte bei Holt

Nach dem Einkauf fahre ich also zu dem Campingplatz, vorher ist da auch eine ordentliche Pension, aber heute habe ich wieder Bock auf eine Hütte. Hinter einer Tankstelle ist dann der Campingplatz Holt, ein öder Ort mit ein paar Hüttenzeilen. Ich nehme eine der teueren Kategorie (Hütte 6), trotzdem ist da weder Bettzeug noch Geschirr oder Kochtopf vorhanden.

Zum Telefonieren begebe ich mich noch einmal zur Tankstelle. Das Telefon geht nicht: „Bytt Batterie“ meldet es. Der Angestellte ist nicht in der Lage, den Schaden zu beheben, so bin ich wieder einmal drei Tage lang verschollen. In meiner Hütte gucke ich immer aus dem Fenster, ob die Oerlinghauser nicht noch kommen, hatten die nicht etwas von einer Hütte gesagt? Aber die tun sich so etwas sicher nicht an.

Nach dem Speisen (200 g  Krepsehaler von Fiskemannen) setze ich mich nach draußen mit einem schönen Blick auf eine Schafweide, dahinter steht der Wald wie eine schwarze Wand. Wer es genau wissen will: es sind 11 weiße und ein schwarzes Schaf, und wenn das Leitschaf mit der Glocke sich kratzt, klingelt es Sturm. Bis Mitternacht sind alle Geräusche eingeschlafen und es war doch ein recht schöner Abend.

18 Sonntag, 4.8. Tvedestrand - Kristiansand, 136 km

Gasse in Tvedestrand

Nach den beiden kurzen Etappen der vergangenen zwei Tage habe ich mir für den letzten Tag noch einmal eine längere Strecke aufgehoben. Ich fahre sogar zurück nach Tvedestrand, obwohl man auf viel schnellerem Wege nach Arendal, der nächsten Stadt, kommen könnte. In Tvedestrand gibt es das angeblich schmalste Haus Norwegens. Das, was ich dafür halte, ist aber eine Enttäuschung. Da ich wieder recht früh unterwegs bin, außerdem ist Sonntag, gibt es so gut wie keinen Verkehr. In Kilsund fährt man einen Umweg, dafür hat man wieder ein wunderschönes Fjordpanorama.


Schärenpanorama


Arendal

Schnell bin ich in Arendal, da ist oben neben der Straße eine Bank mit einer guten Übersicht. Da wird sich erst mal hingesetzt. Weiter nach Grimstad geht es auf der Hauptstraße, nicht so reizvoll. Ausgangs von Grimstad passiert man ein Felsentor. Als ich die 2000 km Marke dieser Tour erreiche, krebse ich gerade wieder in der Gegend herum und suche den Radweg.

Felsentor in Grimstad
Der wird gefunden und wartet nun zum guten Schluss mit einer dicken Überraschung auf. Man darf sich der „Westnorwegischen Hauptstraße“ oder „des alten Königsweges“ erfreuen, Teil einer eigenen Radroute (Vestlandske Hovedvei). Auf welligen Schotterwegen heißt es in der Broschüre, 8.5 km lang. Das beginnt wie ein ausgewaschenes Bachbett steil bergauf. Es folgt eine hohe Brücke über einen Kanal, da kommt auch gerade ein Boot vorbei. Dann regelrecht durch eine Schlucht, kaum kriegt man das bepackte Rad da hoch.


Brücke am Reddal Kanal

Westnorwegische "Hauptstraße"

Als ich um eine Ecke schiebe, steht da eine „blonde Schwedin“ – nein, es ist eine graumelierte Norwegerin – mit einem Mountainbike, die cremt sich gerade die Lippen mit Labello ein. Die Dame ist erstaunlich sportlich, die kann ich nicht abhängen. Wo es ganz steil ist, schiebt sie aber auch das Rad. Einmal muss sie unterbrechen, da kriegt sie einen Anruf auf dem Handy. Langsam wird der Weg besser und als Häuser auftauchen hat man wohl das Schlimmste geschafft. Ein Mann mit einem Kinderanhänger erklärt sehr freundlich die Angelegenheit, dass dies früher mal die Hauptverbindung Oslo – Kristiansand war. Apropos Hauptverbindung: gleich danach finde ich mich für ein kurzes Stück auf der E18 wieder, dann folgt die Abzweigung nach Lillesand. Als ich raste, fährt meine graue Dame vorbei, die hat sich wohl noch länger auf dem alten Königsweg rumgequält. Die Anstrengungen werden belohnt dadurch, dass nun die Sonne scheint und die Landschaft wieder Farbe bekommt.


Der Fluss Tovdalselva

Von Lillesand geht es geradewegs landeinwärts, immer durch den Wald, etwa 12 km lang, die sind nicht so abwechslungsreich aber schnell zu fahren. Man kommt nach Birkeland an den Fluss Tovdalselva. Dieser Fluss soll eines der besten Lachsgewässer sein, er sei getüncht (engl. limed, norw. kalket), so steht es in der Broschüre. Soll mir mal einer erklären, was das heißt.
(Das hat Terje aus Norwegen umgehend getan)
Damit bin ich auf dem letzten und auch einem der schönsten Teilstücke meiner Reise. Die Landschaft ist wie gemalt, eine unbeschreibliche Farbenpracht. Da stellt sich wieder Hochgefühl ein und man wünscht, dass das nie endet.


Weidenröschen

Preiselbeeren

Leider nimmt der Verkehr nahe Kristiansand zu und man gerät zum Ende wieder auf Radwege zwischen den Autobahnen – aber gut ausgeschildert. Die große Varodd Brücke, die man aber vermeiden kann, indem man den Bus nimmt, so steht es geschrieben. Mit gemischten Gefühlen fahre ich hinüber, die Fahrt ist nun zuende, aber auch die Anstrengungen.


Hotel Sjøgløtt

Ich habe mir das Hotel Sjøgløtt in der Østre Strandgate ausgesucht, das liegt sehr günstig zum Fährhafen. Das ist die richtige Wahl, familiär und nicht so teuer, genau wie man es sich wünscht. Ein Blick an die Strandpromenade, zum Fährhafen und dann schnurstracks zum Chinesen. Da hätte man auch Buffet buchen können, aber da habe ich schon „normal“ gegessen.

Abends erstelle ich schon mal die Streckentabelle, die ist ja nun komplett.

19/20 Montag/Dienstag, 3./4.8. Kristiansand – Hirtshals - Rückfahrt

Morgens buche ich gleich die Überfahrt nach Hirtshals, sie geht von 13.30 bis 17.45 mit dem Schiff Christian IV. Um die Zeit bis dahin zu verbringen besuche ich Posebyen, ein alter Teil der 1641 schachbrettartig angelegten Stadt. Hier sind die weiß gestrichenen Häuserzeilen weitgehend im Originalzustand.


 

Posebyen

Danach geht es mit dem Rad hinauf nach Odderøya, einer vorgelagerten Halbinsel. Neben schönen Aussichten sieht man hier noch Reste der von den Deutschen angelegten Bunker und Geschützständen. Die Kanonen hatten eine Reichweite von 8-10 km und sollten eine Invasion verhindern.


Kristiansand Panorama

Beizeiten finde ich mich am Fährhafen ein, wieder auf Line 1 zusammen mit Motorradfahrern. Wo ward Ihr? Wieviel Kilometer (4400). Aber ich bin ja auch nicht besser, wenn auch nicht motorisiert.

An Bord bin ich diesmal schlauer und nehme meinen Rucksack mit nach oben. Nach einer Weile auf dem Sonnendeck wird es dort arg windig. Zwei Decks tiefer zwischen den Rettungsbooten kann man ein windgeschütztes Plätzchen finden. Den Rucksack im Nacken wird in bewährter Weise geschlummert, so ist die Überfahrt wunderschön.

In Hirtshals klappt alles nach Wunsch, Zimmer im Hotel Hirtshals Krø, nur am Bahnhof kann man nichts ausrichten, da ist alles dicht. Heute wieder eine Pizza, die Hirtshals Fiske Pizza, da sind komplette Octopusse drauf, ob die aus der Nordsee stammen?

Am nächsten Morgen erst mit einer Privatbahn nach Hjørring. Von dort kann man die Fernzüge nur mit Fahrrad-Reservierung benutzen. Dem Angestellten gelingt es tatsächlich, mir noch Reservierungen zu verschaffen, der Zug kommt immerhin schon in 20 Minuten. Da habe ich abschließend noch einmal Glück. In Fredericia umsteigen, von dort fährt der Zug direkt nach Hannover. So bin ich nach 12 Stunden Fahrt wieder zu Hause, dort warten Ehefrau, ein französischer Gastschüler, den sich Heidi inzwischen angelacht hat, und Hund Lotta auf einen erholten Weltenbummler, der allerdings mit einigen Kilo mehr im Gepäck (Prospekte, Marmelade, Würfelzucker) und einigen Kilo weniger auf den Rippen eintrudelt.


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